Mittwoch, 1. Oktober 2025

Wie riecht dein Unternehmen?

Auf der Suche nach einem neuen Parfum geriet ich in die Fänge eines eloquenten jungen Mannes, der mich nicht nur von Regal zu Regal führte, nicht nur mal diesen Zerstäuber, mal jenen Flacon aus der Schublade holte. Er erläuterte auch die Geschichte des einen oder anderen Produktes, sprach von Vorgängern, die mittlerweile vom Markt genommen worden waren und wusste auch etwas zu den Formen und Farben der Verpackungen zu berichten.

Dies war schmückendes Beiwerk meines Einkaufes, aber nachdem ich mich darauf eingelassen hatte, fand ich es immer interessanter. Nach ein paar Minuten war es nicht mehr das lästige Hinhalten vor dem eigentlichen Geschäft, auch nicht die unangeforderte Demonstration des Begleitwissens, sondern ein geradezu elementarer Bestandteil der Kaufentscheidung. Wie sollte ich den richtigen Duft auswählen, wenn ich ihn nur in seiner Auswirkung kannte, mich gar nicht mit seiner Geschichte, seiner Erscheinung und überhaupt seinem Kontext beschäftigt hatte?

Nicht, dass ich mir die zahlreichen Details hätte merken können, aber allein die intensive Beschäftigung mit den bislang nur stiefmütterlich betrachteten Aspekten machte mir Spaß. Immer wiederholtes Element seiner Erläuterungen waren dabei die Duftebenen. Ich erfuhr etwas über die Unterteilung in Kopf-, Herz- und Basisnote, wie diese nicht nur geruchlich, sondern auch im Zeitverlauf zusammenspielten und sich entwickelten.

Kopfnoten, so hörte ich, lieferten den ersten Eindruck, leicht und frisch, aber auch schnell verflogen. Und anschließend dann die Phase der Herznoten, die den längerfristigen Charakter des Parfums repräsentiert. Deutlich ausgeprägt, das Herz also des Dufterlebnis, der verlässliche Begleiter über den Tag. Schließlich die Basisnote, einem Basston gleich, unverzichtbarer Lieferant von Tiefe, die auch im Ausklingen der Herznote immer noch bereitsteht.

Wie riecht dein Unternehmen?
Wäre es ein Unternehmen, würde man vielleicht von kurzfristigen Zielen, Taktiken und Strategien sprechen, bei der Basisnote vielleicht auf den modernen Begriff der organisatorischen DNA verweisen. Und im Sinne meines netten Verkäufers wäre ein Blick auf den Markt, das Umfeld, die Präsentation der Produkte und ihre Entwicklung zwischen Launch und Entwicklung der Modellreihe in Betracht zu ziehen.

Raus aus der Theorie und rein in die Praxis mit einem anschaulichen Beispiel.

Betrachten wir zunächst die Kopfnote. Sie ist aktuell und sofort wahrnehmbar, das sind die "Neuerscheinungen" eines Unternehmens: Neue Produkte, Kampagnen, Innovationen. Diesen Teil sehen Kunden und Öffentlichkeit zuerst.
Beispiel: "Mit unserem neuen KI-gestützten Tool erleichtern wir seit diesem Jahr Unternehmen die Analyse ihrer Daten."
Offensichtlich geht es um Frische, Dynamik und eine gewisse Überraschung durch Innovation. Umgesetzt als Duft wäre ein Mix aus Grapefruit und grüner Minze eine geeignete Kopfnote. 

Mittelfristig prägend dann die Herznote, die für die strategische Entwicklung des Portfolios steht. Sie bestimmt die Richtung, in die sich das Unternehmen bewegt. Das prägt den Eindruck stärker und länger als einzelne Neuigkeiten.
Beispiel: "Unser Fokus liegt auf nachhaltiger Digitalisierung, die Unternehmen hilft, ihre Prozesse ressourcenschonend zu gestalten."
Wir treffen auf eine moderne Ausgestaltung in Form einer Kombination aus Naturverbundenheit und Technologie. Ein Hauch von Jasmin, im Wesentlichen aber Zedernblatt und Lavendel würden diese Aussage in die olfaktorische Welt übersetzen.

Und die stabile Basis sind Werte, Kultur und Mission des Unternehmens. Sie geben Beständigkeit und sorgen dafür, dass das Bild nachhaltig wirkt.
Beispiel: "Seit 50 Jahren stehen wir für Qualität, Verlässlichkeit und partnerschaftliche Zusammenarbeit."
Die klassische, geradezu biedere Verortung in Beständigkeit, Vertrauen und emotionale Bindung lässt sofort an einen Fond aus Sandelholz, Vanille und Moschus denken.

Ein Unternehmen hat also wirklich so etwas wie einen Geruch. Mit diesem Modell lässt sich das Profil damit zusätzlich zu Hochglanzfolien, Slogans und Videobotschaften auch als Erlebnis für die Nase präsentieren. Berücksichtigt man dabei, dass unter Beibehaltung von Herz- und Basisnote der Duft auf der Haut auf mittlerer Zeitskala konstant ist, kann man auch eine Jahresedition entwerfen, die sich nur in der Kopfnote unterscheidet und die neueste Kampagne auch in der leichten Duftvariation abbildet.

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Mittwoch, 24. September 2025

Abschreiben, aber richtig!

Das kennen wir ja alle aus der Schule. Man kann Hausaufgaben von jemand anders abschreiben. Im Idealfall sucht man sich den Klassenprimus und fragt, ob man seine Lösung mal „ausleihen“ kann. Und wenn alles klappt, dann pinselt man die Ergebnisse in das eigene Heft.

Abschreiben aber richtig
Bekanntlich geht das in einigen Fächern ganz gut, in anderen eher nicht. Wenn in Mathe 42 als Lösung herauskommen muss, dann ist das ziemlich gefahrlos abzuschreiben. Einzige Herausforderung ist dann die korrekte Übernahme der Lösung einschließlich der Herleitung, die natürlich auch keine Fehler enthalten darf.

In Sozialwissenschaften kann es schon ein wenig kritischer sein, weil man die Vorlage zumindest soweit verfremden muss, dass nicht auf den ersten Blick auffällt, dass man die Argumentationskette eins-zu-eins übernommen hat. Was allerdings voraussetzt, dass man sie grundsätzlich verstanden hat.

In den 1970er Jahren bekam der damalige VW Golf Konkurrenz aus Japan. Toyota, Honda und Mazda versuchten, einen Teil des Marktes in Deutschland zu erobern. Sie waren in vieler Hinsicht auf Augenhöhe, hatten aber massive Rostprobleme. Natürlich hatten die Konstrukteure den Golf in seine Bestandteile zerlegt und ihn auf ihren Reißbrettern neu entstehen lassen.

Da es keine Plagiate sein sollten, passten Sie nicht nur Motoren, Fahrgestell und allerlei Ausstattung an, sondern änderten auch das Design. Während der Einbau anderer Motoren kein Problem darstellt und auch der Rückgriff auf Erfahrung mit bisher verbauten Fahrgestellen eher unkritisch war, lag der Teufel im Detail des Designs.

Warum die Türen so geformt waren schien auf den ersten Blick eine Frage des Geschmacks zu sein. Auch das in der Tür verbaute Querblech war für die Ingenieure primär eine Stabilisierung. Sie hatten nicht verstanden, dass es ein eklatant wichtiges Element war, welches das Regenwasser gezielt ableiten und so den durch Staunässe entstehenden Rost verhindern sollte.

Sie hatten sorgfältig abgeschrieben, aber die Details der Lösung nicht begriffen. Und so rosteten die Japaner auf dem deutschen Markt in konkurrenzloser Geschwindigkeit (wobei der damalige Golf bezüglich Rost auch noch Defizite hatte).

Dieses Phänomen begegnet uns vom Grundsatz her auch heute noch an vielen Stellen. Bei Nachahmer-Produkten sind dergleichen Pannen mit hoher Wahrscheinlichkeit eingebaut. Als unwichtig oder kostentreibend eingeschätzte Bestandteile sind auf Kosten von Spätfolgen weggelassen, in ihrer Funktion nicht verstandene Gruppen falsch nachgebaut worden.

Leider kann man das von außen und gerade am Anfang nicht erkennen. Ob man eine gute und preiswerte Alternative gekauft oder billigen Schrott erworben hat, das stellt sich oft erst nach einer gewissen Gebrauchsdauer heraus.

Übrigens erlebe ich die Schwierigkeiten beim Nachahmen auch im Umfeld der Gestaltung von Wohnung, Garten und tatsächlich auch im Leben. Man kann sich einzelne Punkte herauspicken, also zum Beispiel auch ein Blumenbeet in die Mitte setzen. Aber man muss dabei auch das Gesamtwerk und dessen Wirkung beachten. Ist der Garten in Relation dazu groß genug, stimmen die Farben, wie ist die Wirkung beim Blick aus dem Wohnzimmer und so weiter.

Oder bewundere ich die Tennis-Aktivitäten meines Nachbarn. Die kann ich nachahmen, aber bitte das Ausgleichstraining im Fitnessstudio nicht ausblenden. Nur die Kombination sorgt dafür, dass die Gelenke nicht einseitig belastet, die Muskulatur für den Ballsport aufgebaut wird.

Abschreiben, nachmachen, übernehmen ist grundsätzlich ein guter Ansatz. Schließlich muss nicht jeder Mensch das Rad neu erfinden. Aber um im Bild zu bleiben muss man auch ein Objekt haben, an das man das Rad sinnvoll montieren kann. Und man muss verstanden haben, warum es rund ist und Speichen hat, bevor man es modifiziert.

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Mittwoch, 10. September 2025

Warum oder wofür?

Als Physiker bin ich es gewohnt, mich den Fragen nach den Ursachen zu stellen, Phänomenen auf den Grund zu gehen und sie in eine logische Kette mit anderen Beobachtungen zu ordnen. Es reicht mir nicht, das Herabfallen eines Apfels zur Kenntnis zu nehmen, ich möchte wissen und möglichst auch verstehen, aus welchem Grund dies geschieht.

Mit anderen Worten gehe ich durch die Welt und stelle mir mehr oder weniger durchgängig die Fragen nach dem Warum. Wie auch Kinder immer wissen wollen, was dahinter steckt, was etwas auslöst. Dabei erwarte ich ja gar nicht, alle Details einer Theorie zu durchdringen, allen Wissenschaftszweigen folgen zu können oder eine Erklärung für alles zu erhalten. Aber die entsprechende Frage stelle ich mir und versuche sie nach Möglichkeit zu beantworten.

Bei Eltern höre ich oft, dass sie über das Ziel hinausschießen, den Kindern Details erklären, die diese so genau gar nicht hören wollen oder die sie noch nicht in ihre Wissenswelt einsortieren können. Das ist bestenfalls Verschwendung, weil der junge Geist es nicht verwenden kann und im ungünstigen Fall bleibt nur der Eindruck „dafür bin ich zu dumm“ zurück.

Andererseits machen es sich manche Erwachsene auch leicht, indem sie Fragen ihrer Mitmenschen, vorwiegend, aber nicht nur Kindern, einfach abbügeln. Ob nun „das ist halt so“ oder „das verstehst du eh nicht“ – Antworten dieser Art lassen Unwissenheit oder die Unfähigkeit, etwas verständlich zu erklären, vermuten.
Warum oder wofür


Gegenüber dieser Betrachtung des Warum muss man die Frage nach dem Wofür abgrenzen. Sie ist von Natur aus schädlich, weil sie nach dem Zweck und dem persönlichen Nutzen fragt. Ist es notwendig, dass ich dies oder das lerne, was habe ich davon, mich mit einer Sache zu beschäftigen. 

Zunächst muss man festhalten, dass es praktisch unmöglich ist, den Einsatz eines Wissens vorherzusehen. Ob ich in meiner Midlife-Crisis nach Frankreich auswandere und dann auf meine Fremdsprachenkenntnisse zurückgreifen kann, ist als Jugendlicher definitiv nicht abzusehen. 

Hinzu kommt, dass unser Gehirn ein Assoziationsspeicher ist, so dass wir uns immer besser mit neuen Inhalten beschäftigen können, je mehr wir vorher schon gelernt haben, durchaus auch in einem Nebengebiet. So betrachtet ist allein Lernen um des Lernen willens für die langfristige Nutzung unseres Gehirns sehr empfehlenswert.

Dann kommt noch das Verkümmern der Neugierde ins Spiel. Wenn ich wie ein Sachbearbeiter zunächst die Frage nach der Zuständigkeit und der Notwendigkeit stelle, dann muss ich mich nicht wundern, dass die Lust auf das Erkunden von Unbekanntem mit der Zeit verloren geht. Man könnte sagen, dass unser Gehirn lernt, eben auch die Wofür-Frage zu stellen und zu der Erkenntnis kommt, dass es nichts von neugierigem Verhalten hat.

Dass es sich tatsächlich trainieren und auch wegtrainieren lässt, kann man häufig in der Pubertät beobachten. Wird die Null-Bock-Phase nicht von einer spätpubertären Aufbruchsstimmung abgelöst, kommt es zu einem Berufsleben ohne inneren Antrieb, ohne Fortschritts-Motivation. Wer es gewohnt ist, seinen Mitmenschen - Eltern, Lehrern, Kameraden - die Frage nach dem Nutzen und der Notwendigkeit zu stellen, dem fällt intrinsische Motivation und die eigenständige Suche nach einem persönlichen Ziel schwer.

Dies äußert sich in der Verunsicherung der jungen Leute, wenn sie nach ihrem Schulabschluss in die nächste Ausbildungsstufe oder ins Berufsleben einsteigen. Da muss erst mal ein Jahr Work-and-travel her, wird vielleicht sogar im Anschluss an die Abiturprüfung ein Sabbatjahr angehängt. Wofür sollte ich weiter Informationen sammeln, einen Beruf erlernen oder nach Entwicklung streben?

Sehr griffig fasst der Ansatz der Agilität die Aspekte von Warum und Wofür zusammen. Beobachten, gefolgt von Aktivität, gezielt ausprobieren und dadurch vielleicht Antworten auf nicht gestellte Fragen bekommen. Und wenn es noch nicht der richtige Ansatz war, macht man einen neuen Anlauf. Und genau das ist dann auch die Beantwortung der Wofür-Frage.

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Mittwoch, 27. August 2025

Aufs falsche Pferd gesetzt

Bei dem Entwurf einer Strategie hat man es nicht leicht. Über merklichen Zeithorizont in die Zukunft zu schauen oder sich Gedanken über die langfristige Entwicklung zu machen, ist ein ziemlich wackliges Konstrukt. Nicht allein, dass niemand in die Zukunft schauen kann, manchmal kommen noch unplanbare Unstetigkeiten hinzu.

Aufs falsche Pferd gesetzt

Ob man in den nächsten Jahren einige Prozentpunkte mehr Telefonbücher drucken muss, kann man abschätzen und daraus einen eventuell notwendigen Ausbau der Produktionsstraßen ableiten. Diese Planung ist ungenau, aber mit dem notwendigen Datenmaterial (aus der Vergangenheit) und einer sorgfältigen Abschätzung der Zukunft einigermaßen belastbar.

Tja, und dann kommt das Internet. Erst langsam, dann immer schneller und auf einmal braucht kein Mensch mehr ein Telefonbuch. Die Produktion geht nicht zurück, sie bricht komplett weg. Man kann bestenfalls die Druckstraßen für andere Erzeugnisse verwenden, aber selbst das könnte schwierig werden. Nicht nur ein bestimmtes Produkt, eine ganze Branche fällt einer eruptiven Entwicklung zum Opfer.

Dies früh genug abzusehen und die Tragweite eines World-wide-web abzuschätzen ist nahezu unmöglich. Wieviele Trends und Hype-Themen werden zwar lautstark propagiert, verschwinden aber nach kurzer Zeit doch in der Versenkung.

Aber es gibt auch Entwicklungen, bei denen die Verläufe in der Zukunft gar nicht so überraschend sind und die trotzdem nicht ernst genommen werden. Irgendwas zwischen arrogant und überheblich hat die deutsche Autoindustrie bezüglich E-Autos und Tesla in unerschütterlicher Starre verharrt. Nein, da waren sie sich sicher, Tesla mag ja ein bisschen mit Computern umgehen können, aber ein anständiges Auto zu bauen, das wird diesen Anfängern nicht gelingen. Da fehlt es einfach an der jahrzehntelangen Erfahrung deutscher Ingenieurskunst.

Nun kämpft Tesla sicher an der einen oder anderen Stelle mit Qualitätsproblem im Bereich Chassis und Mechanik, aber der Trend, dass ein Auto kein Gehäuse um einen Motor, sondern ein rollendes Rechenzentrum ist, der ist unaufhaltsam und wurde gehörig unterschätzt, wie die Zulassungszahlen der Tesla-Modelle beweisen.

Eine ganz andere Branche (Hersteller von Fotoapparaten) hat auch den Zug der Zeit – die zunehmende Computerisierung und die zentrale Rolle eines leistungsfähigen Rechenkerns – verpasst. Es steht außer Zweifel, dass die Platzhirsche auf dem Kameramarkt großartige Fotoapparate bauen. Insbesondere die Optiken sind phantastisch, verzerrungsarm, lichtstark, chromatisch korrigiert und so weiter.

Doch was ist passiert? Da kommen diese Anbieter von Smartphones, bauen eine unbeschreiblich kleine und leistungsschwache Kamera ein und korrigieren die ganzen Abbildungsfehler einfach per Software. Schwachlicht und sekundenlange Belichtungen verlieren ihren Schrecken, weil ein pfiffiges Computerprogramm die verwackelten Einzelaufnahmen geschickt wieder zusammensetzt.

Damit sind keine bewegten Objektive (Canon) mehr notwendig oder Chips, die dem Verwackeln mühsam per Mechanik folgen (Sony). Weg mit dem Kram, ein Handy tut es auch und Millionen von Menschen trennen sich von ihren schweren Spiegelreflexkameras, weil sie ihr Handy sowieso in der Tasche haben und in vielen Fällen mit dem Ergebnis zufrieden sind.

Und was passiert auf der Anbieterseite? Zögerlich reagieren die Premiummarken, steigen sehr langsam von ihrem hohen Ross und passen ihre Produkte an. Und auf einmal sind sie in der Situation der Verfolger, müssen die fehlende Erfahrung aufholen. Wobei wir prominent an Nokia denken können, das vom Marktführer für Handys in der Nische verschwunden ist.

Man darf sich auf ausgiebiger Erfahrung, Marktführerschaft oder bisherigen Erfolgen nicht ausruhen. Denn ausgesprochen viele Produkte sind direkt oder indirekt an Technik gekoppelt. Hier lohnt es sich allein schon darüber nachzudenken, welche Änderungen ein sprunghafter Fortschritt der Technik auslösen könnte. Anwaltliche Beratung oder Übersetzungsbüros bekommen mit ChatGPT einen unerwarteten Konkurrenten, Automechaniker teilweise werden von Elektronikern abgelöst.

Am Ende ist es wie beim Pferderennen. Informieren und dann wetten. Was nicht bedeuten muss, dass man zu den Gewinnern gehört.

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Mittwoch, 20. August 2025

Kunde, Kunde, Kunde

 
Kunde, Kunde, Kunde

Manchenorts heißt es "der Kunde ist König", im angelsächsischen dreht sich alles um den Customer und seine Customer Experience. Doch da müssen wir ein wenig genauer hinschauen. Bei den Kunden gibt es nämlich verschiedene Typen, die je nach Verhältnis deutlich unterschiedliche Beziehungen aufbauen.

Typ 1: Kommt vorbei

Er bummelt lässig über die Fußgängerzone, ist mehr oder weniger kaufwillig, aber ohne konkretes Ziel. Ich kann mit geeigneten Mitteln sein Interesse wecken, meine Produkte anbieten und vielleicht an ihn verkaufen. Als Anbieter könnte man sich einen Marktschreier vorstellen.

Typ 2: Mit Einkaufsliste

Er kommt mit leerem Einkaufswagen in den Supermarkt, kramt in der Tasche nach der Einkaufsliste und beginnt, die vorgesehenen Artikel zu laden. Er agiert im Wesentlichen selbständig, möchte bei der Abarbeitung seiner Liste auch nicht gestört werden. Wenn er etwas nicht findet, es eine Produktalternative gibt oder er schlicht nichts mit der Notiz auf dem Einkaufszettel seiner Frau anfangen kann, braucht er Beratung.
Der Verkäufer tritt nur sehr bedingt in Erscheinung, muss kompetent das Produktportfolio kennen und überzeugend beraten können.

Typ 3: Ist da und vertraglich gebunden

Er ist Abnehmer einer Ware oder Dienstleistung, weil er sich vertraglich dazu verpflichtet hat. Grundsätzlich steht es ihm frei, das bezahlte Angebot zu nutzen oder auch nicht, im Idealfall nutzt er statistisch eher weniger als angeboten und finanziert dadurch andere Abnehmer mit. Ihn als Kunde zu behalten, eventuelle Unzufriedenheit und Kündigungsszenarien im Auge zu behalten ist Aufgabe des Anbieters. Je nach Situation kann man versuchen, die Vertragslaufzeit aktiv zu verlängern, ansonsten lässt man ihn in Ruhe.

Typ 4: Hat gar keine Alternative

Er sitzt vor seinem Dienst-Computer und ist darauf angewiesen, dass dieser funktioniert. Aus Sicht der für die Wartung zuständigen Abteilung ist er zwar der Empfänger der Dienstleistung, andererseits aber nicht wirklich Kunde, sondern eher Kollege. Und er hat keine Möglichkeit, seinen PC von einem anderen Provider in Ordnung halten oder bringen zu lassen. Wie in einer Ehe hat er gar keine Alternative und muss sich mit der Situation arrangieren.

*

Muss ich also erst mal auf Kundenfang gehen, ihn mehr oder weniger ausführlich betreuen, nur bei der Stange halten oder lediglich so weit zufrieden stellen, dass er sich nicht zu deutlich beschwert - das ist eine Frage des Kundentyps. Und das hat natürlich Auswirkungen auf die Anbieterseite und die notwendige Mindestqualität des Kunden-Beziehungs-Managements. Wobei sich die Beziehung auch im Lauf der Phasen ändern kann. Ist der Kunde erst mal mit überzeugenden Worten, bunten Flyern und kleinen Aufmerksamkeiten gewonnen, dann kann man übergehen zu einer regulären Betreuung, bei der der Kunde auch schon mal in der Warteschlange einer sogenannten Hotline versauert.

Was dann je nach Fixierung des eingegangenen Vertrages übergeht in das (verdeckte) Aufkündigen der Kommunikation. Der Kunde wird von der Hotline zur Servicestelle geschickt, die dem Kunden nach ausführlicher Verzögerung jede Lust nimmt, sich noch mal freiwillig mit dem Anbieter in Verbindung zu setzen. Und das kann ja durchaus das Ziel einer Kundenbeziehung der Typen 3 und 4 sein. Ideale Randbedingungen ergeben sich hier, wenn es entweder keine Ausweichmöglichkeiten gibt (z. B. bei Behörden) oder die anderen Anbieter mit ähnlichem Antritt unterwegs sind (z. B. Telefon-Provider).

Bleibt festzuhalten, dass man als Kunde nicht immer König ist, oder wenn, dann nur ein Monarch, der immer mal auf den Balkon gebeten wird, um seinen Anbietern zuzuwinken.

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Mittwoch, 13. August 2025

Glasfaser nehmen wir persönlich

Da lag dieser Tage ein Flyer in meinem Briefkasten: „Glasfaser nehmen wir persönlich…“ Nun ja, die übliche Werbung, der Versuch, mich doch noch zu einem Anschluss zu bewegen und mich zum Thema Anschluss und Installation zu beraten.

Glasfaser nehmen wir persönlich

Grundsätzlich gut, wäre da nicht die entsprechende Vorgeschichte. Unsere Siedlung ist nämlich vor ein paar Wochen von mehreren Bautrupps überfallen worden, die ohne lange Vorankündigung Straßen sperrten, Bürgersteige aufrissen, Straßenquerungen frästen und damit den Verkehr mehr oder weniger lahmlegten. Unglücklicherweise auch meine eigene Baustelle, zu der keine Lieferung mehr durchdringen konnte.

Der Versuch, hierauf als Betroffener in irgendeiner Form Einfluss zu nehmen scheiterte kläglich. Die vor Ort herumlaufenden Bauarbeiter sprachen kein Deutsch, die Bauhotline war durch lange Wartezeiten gekennzeichnet. Hatte ich endlich einen Menschen am Telefon, gab er mir die Telefonnummer des Vertragspartners, der sich allerdings als telefonisch unerreichbar herausstellte. Wieder bei der Bauhotline wurde mir die Darstellung meines Anliegens über ein Kontaktformular ans Herz gelegt. Ich habe bis heute keine Antwort bekommen, nichts passierte. Auch die angeblich vorhandene Kontaktmöglichkeit über WhatsApp funktionierte nicht, da ich ja kein Kunde bin und entsprechend auch keine Kundennummer habe.

Meine Pre-Customer Experience war also niederschmetternd. Nichts funktionierte, die Bautrupps zogen ihre Bauarbeiten durch, meine eigene Baustelle machte eine teure Zwangspause. Keine Chance, dies irgendwie zu beeinflussen, Kommunikation auf dem Niveau Schulnote 6 (ungenügend).

Und jetzt also der warmherzige Antritt, mich zum Kunden zu machen? Ich kann mir schon vorstellen, wie ein geschniegelter Vertreter vor der Haustür steht, mich verbal einseift und mir die rosige Zukunft der Glasfaser ausmalt. Die bei mir aber eher mit ruppigen Handwerkern, unbeeinflussbaren Abläufen und nichtfunktionierenden Lösungen assoziiert ist.

Wir haben es hier mit einer recht typischen Diskrepanz der beteiligten Einheiten zu tun. Tatsächlich sind es Ein-heiten, also in sich gekapselte Teams, die nur eingeschränkt miteinander reden. Was der Vertriebler mühsam akquiriert, wird vom Ausführer mit ein paar ungeschickten Maßnahmen kaputt gemacht. Ist der Vertrag erst mal unterschrieben, ist die Bahn frei, Kundenorientierung ade.

Egal ob Glasfaser, Versicherer, Stromanbieter oder andere Provider. In fast allen Unternehmen scheint die Trennung zwischen Akquise- und Bestandskunden wie die Trennung zwischen der Fassade und dem darunter verborgenen Plattenbau mit maroden Strukturen und einem muffeligen Hausmeister. Und hier wie da mag es im Alltag klappen, aber im Problemfall ist man leider auf den unwilligen Hausmeister angewiesen.

Da denke ich an den Ehrbaren Kaufmann und natürlich an die heute oft zitierte Nachhaltigkeit im Geschäftsumfeld. Den schnellen Euro zu machen kann auch die Glasfaser Deutschland, aber dauerhaft zufriedene Kunden kann ich mir nach meinen bisherigen Erfahrungen leider nicht vorstellen. 

Wie ungeschickt, denke ich mir, dass man durch diese organisatorischen und vor allen Dingen kommunikativen Mängel nicht nur Kunden, sondern auch noch potentielle Kunden abschreckt. Entsprechend kann ich Unternehmen nur ans Herz legen, nicht nur die Vertriebseinheiten zu fördern und zu feiern (weil sie ja Geschäft und damit Geld einbringen), sondern genauso ein wachsames Auge auf die Einheiten zu halten, die für die vielen anderen Prozessschritte zuständig sind.


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Mittwoch, 6. August 2025

Gefühle oder Fakten?

Mir gegenüber die junge Frau, schulterlange Haare, blondiert, Mittelscheitel. Darunter ein zartes Gesicht, kein Makeup, naturschön eben. Sie erinnert mich an meine Kommilitonin Sabine aus der Studentenzeit und mir wird warm ums Herz. Nicht, dass sie so schön wäre, auch nicht, dass ich damals irgendwas für Sabine empfunden hätte. Es ist viel mehr die Verbindung zu einer Zeit, einer Lebensphase, einem Gefühl damals.

Gefühle oder Fakten
In den letzten Tagen erlebe ich das immer mal wieder, freue mich mal über eine Szene, einen Geruch manchmal, eine bestimmte Musik. Was ich dann unbewusst in den Kontext irgendeiner Erfahrung oder Erinnerung gestellt bekomme.

Wie Pizza: Manchmal ist es weniger der besondere Gaumenschmaus, vielmehr irgendetwas zwischen Lebensgefühl, dolce vita, Urlaub, schönen Stunden, Rotwein und Entspannung im Trubel eines italienischen Restaurants.

Der Frühling, das aufknospende Grün. Das ist nicht einfach nur schön, es ist die Aussicht auf den Sommer, auf das beginnende Vegetationsjahr, auf Saft und Wachstum. So wie wir staunend vor Kindern stehen, ihnen beim Wachsen zuschauen und uns fragen, ob wir jemals auch so klein waren. Und sie trotz ihrer Unbeholfenheit darum beneiden.

Da bleibt gar nicht so viel Faktenwissen übrig, ist das Leben doch deutlich stärker geprägt von Gefühlen. Vielleicht Lust, vielleicht Schmerz, aber selbst sehr nüchterne Menschen verbinden Szenen mit Eindrücken wie Wärme, Kälte und Gerüchen, Enge oder Lichtverhältnissen. Und die kommen wieder, rufen Erinnerungen auf.

Die junge Frau steht auf, richtet sich darauf ein, an der nächsten Haltestelle auszusteigen. Nein, mache ich mir klar, sie sieht nicht aus wie Sabine, hat auch nicht ganz ihre etwas mürrische Art, aber die Haare waren einen Moment lang die Brücke in meine Studentenzeit.

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