Da lag dieser Tage ein Flyer in meinem Briefkasten: „Glasfaser nehmen wir persönlich…“ Nun ja, die übliche Werbung, der Versuch, mich doch noch zu einem Anschluss zu bewegen und mich zum Thema Anschluss und Installation zu beraten.
Grundsätzlich gut, wäre da nicht die entsprechende Vorgeschichte. Unsere Siedlung ist nämlich vor ein paar Wochen von mehreren Bautrupps überfallen worden, die ohne lange Vorankündigung Straßen sperrten, Bürgersteige aufrissen, Straßenquerungen frästen und damit den Verkehr mehr oder weniger lahmlegten. Unglücklicherweise auch meine eigene Baustelle, zu der keine Lieferung mehr durchdringen konnte.
Der Versuch, hierauf als Betroffener in irgendeiner Form Einfluss zu nehmen scheiterte kläglich. Die vor Ort herumlaufenden Bauarbeiter sprachen kein Deutsch, die Bauhotline war durch lange Wartezeiten gekennzeichnet. Hatte ich endlich einen Menschen am Telefon, gab er mir die Telefonnummer des Vertragspartners, der sich allerdings als telefonisch unerreichbar herausstellte. Wieder bei der Bauhotline wurde mir die Darstellung meines Anliegens über ein Kontaktformular ans Herz gelegt. Ich habe bis heute keine Antwort bekommen, nichts passierte. Auch die angeblich vorhandene Kontaktmöglichkeit über WhatsApp funktionierte nicht, da ich ja kein Kunde bin und entsprechend auch keine Kundennummer habe.
Meine Pre-Customer Experience war also niederschmetternd. Nichts funktionierte, die Bautrupps zogen ihre Bauarbeiten durch, meine eigene Baustelle machte eine teure Zwangspause. Keine Chance, dies irgendwie zu beeinflussen, Kommunikation auf dem Niveau Schulnote 6 (ungenügend).
Und jetzt also der warmherzige Antritt, mich zum Kunden zu machen? Ich kann mir schon vorstellen, wie ein geschniegelter Vertreter vor der Haustür steht, mich verbal einseift und mir die rosige Zukunft der Glasfaser ausmalt. Die bei mir aber eher mit ruppigen Handwerkern, unbeeinflussbaren Abläufen und nichtfunktionierenden Lösungen assoziiert ist.
Wir haben es hier mit einer recht typischen Diskrepanz der beteiligten Einheiten zu tun. Tatsächlich sind es Ein-heiten, also in sich gekapselte Teams, die nur eingeschränkt miteinander reden. Was der Vertriebler mühsam akquiriert, wird vom Ausführer mit ein paar ungeschickten Maßnahmen kaputt gemacht. Ist der Vertrag erst mal unterschrieben, ist die Bahn frei, Kundenorientierung ade.
Egal ob Glasfaser, Versicherer, Stromanbieter oder andere Provider. In fast allen Unternehmen scheint die Trennung zwischen Akquise- und Bestandskunden wie die Trennung zwischen der Fassade und dem darunter verborgenen Plattenbau mit maroden Strukturen und einem muffeligen Hausmeister. Und hier wie da mag es im Alltag klappen, aber im Problemfall ist man leider auf den unwilligen Hausmeister angewiesen.
Da denke ich an den Ehrbaren Kaufmann und natürlich an die heute oft zitierte Nachhaltigkeit im Geschäftsumfeld. Den schnellen Euro zu machen kann auch die Glasfaser Deutschland, aber dauerhaft zufriedene Kunden kann ich mir nach meinen bisherigen Erfahrungen leider nicht vorstellen.
Wie ungeschickt, denke ich mir, dass man durch diese organisatorischen und vor allen Dingen kommunikativen Mängel nicht nur Kunden, sondern auch noch potentielle Kunden abschreckt. Entsprechend kann ich Unternehmen nur ans Herz legen, nicht nur die Vertriebseinheiten zu fördern und zu feiern (weil sie ja Geschäft und damit Geld einbringen), sondern genauso ein wachsames Auge auf die Einheiten zu halten, die für die vielen anderen Prozessschritte zuständig sind.
[Siehe auch: Kabelanschluss in 20 Phasen]
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