Mittwoch, 21. Mai 2025

DNA und Kernkompetenz

Vorwerk, so habe ich mir erzählen lassen, ist als Hersteller von Teppichen und Teppichböden gestartet. Im Laufe der Unternehmensgeschichte wurde dann die Sparte Staubsauger gegründet und heute beruht ein merklicher Teil der Umsätze auf einer heizenden Küchenmaschine. Was haben diese Produkte aus Kundensicht miteinander zu tun, fragt man sich. Kann man von der Auslegeware vielleicht noch auf deren Pflege kommen und so das Portfolio ergänzen, fällt der gedankliche Wechsel in die Küche schön deutlich schwerer.

Und doch ist es ein Unternehmen, werden die Produkte aus demselben Haus verkauft und müssen also eine gewisse Verbindung haben. Wer jemals einen Kobold (klassischer Bodenstaubsauger) gewartet hat, der bekommt leuchtende Augen. Einheitliche Schrauben, erreichbare Klemmen, leicht verständliche Grundtechnik mit wenigen Handgriffen aus- und umtauschbar. Schon von der Konstruktion her ein Produkt, das einen ein Leben lang begleiten kann, auch wenn es zwischendurch mal einen ernsten Defekt hat. In der Funktionalität simpel und für die Kunden spontan überzeugend, was ursprünglich zu den berühmten Vorwerk-Vertretern geführt hat.

DNA und Kernkompetenz

Nun also ein Thermomix. In der aktuellen Generation auch wieder herausstechend zwischen Konkurrenzprodukten, für die Kunden überzeugend, macht er sowohl in der Bedienung als auch in den Ergebnissen einer weltweiten Community viel Spaß. Mit Rezeptclubs, Apps und Kochpartys kommt auch ein Hauch von Tupper-Feeling hinein.

Fast bin ich neugierig, welcher Coup diesem Unternehmen als nächstes gelingt. Offensichtlich hat es ein paar Grundqualitäten, die es über die Zeit und auch über die verschiedenen Produkt- und Zielgruppen hinweg beibehält. Fast wie die DNA eines lebendigen Organismus scheint es Abwandlungen zu geben, ohne dass es deshalb zu einer ganz neuen Spezies kommt. Diese DNA geht weit über den oft benutzten Begriff der Kernkompetenz hinaus.

Verständnis für Stoffe, technisches Knowhow beim Weben von Fasern, Produktionsstraßen für Teppichbahnen und Vermarktungskanäle. Das war der Ausgangspunkt für die Entwicklung. Für einen Thermomix brauche ich nichts davon, und das, was vielleicht wiederverwendbar wäre (die Vermarktungskanäle), hat sich über die Zeit massiv verändert. Ist es die Praxistauglichkeit, die Kundenorientierung, die Langlebigkeit oder die fast schon eingebaute Weiterempfehlung der Kunden durch Mundpropaganda? Irgendwas jenseits der Kernkompetenz - die auch von Mitbewerbern am Markt angeboten wird - macht Vorwerk einzigartig. Wie eine DNA eben.

Nun finde ich dieses Beispiel deshalb bemerkenswert, weil es sehr schön die Entkopplung von Unternehmen und Produkten zeigt. Neben einer evolutionären Weiterentwicklung seiner Produkte kommen auch revolutionäre Antritte in Frage, aber eine stabile Erfolgsstory bleibt es nur, wenn man sich der inneren Werte bewusst ist und diese fortführt. Schätzen Kunden etwa den konservativ-vertrauenswürdigen Auftritt, dann hänge ich sie mit einem hippen Ansatz und coolen Werbebotschaftern ab - umgekehrt natürlich auch.

Wie in jeder Beziehung: Wer bin ich, was kann ich (Kompetenz) und raus auf den Markt, flirten was das Zeug hält. Eine längerfristige Verbindung wird es aber nur, wenn die inneren Werte (DNA) zusammenpassen und die hieraus abgeleiteten Erwartungen auch erfüllt werden können.

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