Mittwoch, 25. Juni 2025

Wo seid ihr denn alle?

Da war die Welt recht einfach. Im Dorf lebten ein paar hundert Menschen, erwachsene Männer, Frauen, aber auch Kinder und Greise. Ohne genau hinschauen zu müssen konnte man die Tätigkeiten erkennen, für die Metallarbeiten gab es den Schmied, für das Backwerk den Bäcker und für die Landwirtschaft den Bauern. Etcetera. Dazu Gesellen, Helfer, Handlanger. Da man diesen kleinen Kosmos in seinem Leben kaum verlies war die Entwicklung begrenzt, bestenfalls wurde ein besonders gutes Schulkind vom Lehrer oder dem Pfarrer gefördert. Die anderen waren als Knechte und Mägde geboren und wurden auch als solche beerdigt.

Einfache Arbeit, ein Leben lang, dazwischen die Gründung einer Ehe und das Gebären von Kindern.

Wo seid ihr denn alle

In folgenden Jahrzehnten wurde die Welt größer, Arbeit wurde nicht nur im eignen Dorf vollbracht, sondern auch in im Nachbardorf, der nächstgelegenen Stadt sogar. Die Auswahl an Tätigkeiten nahm zu, die Anzahl potentieller Partner, aber auch der Anspruch an die Qualifikation. Ein wenig Einkommen sicherte nicht nur das eigene Überleben, es konnte auch hier und da ein wenig Komfort hervorbringen.

Doch hierfür reichte es nicht mehr, eine Harke in die Hand nehmen zu können oder einen Eimer unter das Euter der Kuh zu stellen. Zunehmend wurden auch Fertigkeiten wie Lesen und Schreiben erwartet, je nach Tätigkeit auch einfache handwerkliche oder geistige Fähigkeiten.

Und so ging es weiter. Heute sind wir auf dem Niveau, dass selbst scheinbar einfache Arbeiten ein gerütteltes Maß an Intellekt und technisches Verständnis erfordern. Eine Putzkraft muss die unterschiedlichen Putzmittel verstehen und diverse Geräte bedienen können. Und das, obwohl sich die Maschinen wie auch die Chemie im Laufe der Jahre immer wieder ändern und anders zu handhaben sind. Noch stärker betroffen sind manche Sachbearbeiter, von denen erhebliches Computerverständnis erwartet wird, obwohl sie im Grund nur einfache Vorgänge bearbeiten müssen.

Wo sind sie denn, die Knechte und Mägde, die für eine einfache Tätigkeit ihr Auskommen hatten? Die aber diese Tätigkeiten auch ausführen konnten und nicht permanent überlastet waren? Was machen wir im modernen Arbeitsleben mit Personen, die nicht mit Künstlicher Intelligenz groß geworden sind?

Es gibt sie ja immer noch. Menschlich, charakterlich, geistig wie vor hundert Jahren. Aber nicht nur die Arbeitswelt hat sich geändert, auch die Ansprüche sind gewachsen. Für täglich anstrengende Arbeit auf dem Acker oder auf dem Bau wird niemand mehr mit dem finanziellen Überleben der Familie Vorlieb nehmen. Allerlei soziale Sicherungen und Unterstützungen greifen, um eine moderne Grundversorgung sicher zu stellen, die je nach Perspektive schon recht komfortabel erscheint.

Und so verzerrt sich der Markt auch an dieser Stelle vollends, wird aus sozialen Gesichtspunkten eine Leistung bereitgestellt, die nicht der angebotenen Arbeit entspricht.

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