Mittwoch, 1. Oktober 2025

Wie riecht dein Unternehmen?

Auf der Suche nach einem neuen Parfum geriet ich in die Fänge eines eloquenten jungen Mannes, der mich nicht nur von Regal zu Regal führte, nicht nur mal diesen Zerstäuber, mal jenen Flacon aus der Schublade holte. Er erläuterte auch die Geschichte des einen oder anderen Produktes, sprach von Vorgängern, die mittlerweile vom Markt genommen worden waren und wusste auch etwas zu den Formen und Farben der Verpackungen zu berichten.

Dies war schmückendes Beiwerk meines Einkaufes, aber nachdem ich mich darauf eingelassen hatte, fand ich es immer interessanter. Nach ein paar Minuten war es nicht mehr das lästige Hinhalten vor dem eigentlichen Geschäft, auch nicht die unangeforderte Demonstration des Begleitwissens, sondern ein geradezu elementarer Bestandteil der Kaufentscheidung. Wie sollte ich den richtigen Duft auswählen, wenn ich ihn nur in seiner Auswirkung kannte, mich gar nicht mit seiner Geschichte, seiner Erscheinung und überhaupt seinem Kontext beschäftigt hatte?

Nicht, dass ich mir die zahlreichen Details hätte merken können, aber allein die intensive Beschäftigung mit den bislang nur stiefmütterlich betrachteten Aspekten machte mir Spaß. Immer wiederholtes Element seiner Erläuterungen waren dabei die Duftebenen. Ich erfuhr etwas über die Unterteilung in Kopf-, Herz- und Basisnote, wie diese nicht nur geruchlich, sondern auch im Zeitverlauf zusammenspielten und sich entwickelten.

Kopfnoten, so hörte ich, lieferten den ersten Eindruck, leicht und frisch, aber auch schnell verflogen. Und anschließend dann die Phase der Herznoten, die den längerfristigen Charakter des Parfums repräsentiert. Deutlich ausgeprägt, das Herz also des Dufterlebnis, der verlässliche Begleiter über den Tag. Schließlich die Basisnote, einem Basston gleich, unverzichtbarer Lieferant von Tiefe, die auch im Ausklingen der Herznote immer noch bereitsteht.

Wie riecht dein Unternehmen?
Wäre es ein Unternehmen, würde man vielleicht von kurzfristigen Zielen, Taktiken und Strategien sprechen, bei der Basisnote vielleicht auf den modernen Begriff der organisatorischen DNA verweisen. Und im Sinne meines netten Verkäufers wäre ein Blick auf den Markt, das Umfeld, die Präsentation der Produkte und ihre Entwicklung zwischen Launch und Entwicklung der Modellreihe in Betracht zu ziehen.

Raus aus der Theorie und rein in die Praxis mit einem anschaulichen Beispiel.

Betrachten wir zunächst die Kopfnote. Sie ist aktuell und sofort wahrnehmbar, das sind die "Neuerscheinungen" eines Unternehmens: Neue Produkte, Kampagnen, Innovationen. Diesen Teil sehen Kunden und Öffentlichkeit zuerst.
Beispiel: "Mit unserem neuen KI-gestützten Tool erleichtern wir seit diesem Jahr Unternehmen die Analyse ihrer Daten."
Offensichtlich geht es um Frische, Dynamik und eine gewisse Überraschung durch Innovation. Umgesetzt als Duft wäre ein Mix aus Grapefruit und grüner Minze eine geeignete Kopfnote. 

Mittelfristig prägend dann die Herznote, die für die strategische Entwicklung des Portfolios steht. Sie bestimmt die Richtung, in die sich das Unternehmen bewegt. Das prägt den Eindruck stärker und länger als einzelne Neuigkeiten.
Beispiel: "Unser Fokus liegt auf nachhaltiger Digitalisierung, die Unternehmen hilft, ihre Prozesse ressourcenschonend zu gestalten."
Wir treffen auf eine moderne Ausgestaltung in Form einer Kombination aus Naturverbundenheit und Technologie. Ein Hauch von Jasmin, im Wesentlichen aber Zedernblatt und Lavendel würden diese Aussage in die olfaktorische Welt übersetzen.

Und die stabile Basis sind Werte, Kultur und Mission des Unternehmens. Sie geben Beständigkeit und sorgen dafür, dass das Bild nachhaltig wirkt.
Beispiel: "Seit 50 Jahren stehen wir für Qualität, Verlässlichkeit und partnerschaftliche Zusammenarbeit."
Die klassische, geradezu biedere Verortung in Beständigkeit, Vertrauen und emotionale Bindung lässt sofort an einen Fond aus Sandelholz, Vanille und Moschus denken.

Ein Unternehmen hat also wirklich so etwas wie einen Geruch. Mit diesem Modell lässt sich das Profil damit zusätzlich zu Hochglanzfolien, Slogans und Videobotschaften auch als Erlebnis für die Nase präsentieren. Berücksichtigt man dabei, dass unter Beibehaltung von Herz- und Basisnote der Duft auf der Haut auf mittlerer Zeitskala konstant ist, kann man auch eine Jahresedition entwerfen, die sich nur in der Kopfnote unterscheidet und die neueste Kampagne auch in der leichten Duftvariation abbildet.

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