Mittwoch, 15. Juli 2020

Den richtigen Schluss wählen


Die Verbindungstechnik unterscheidet drei Klassen von Verbindungen.
  1. Kraftschlüssig. Durch eine (Normal-)Kraft werden zwei Werkstücke miteinander verbunden. Der Tischler kennt dergleichen zum Beispiel bei Nagelbefestigungen.
  2. Formschlüssig. In diesem Fall werden die Werkstücke in der gewünschten Position gehalten, weil ihre Bewegung eingeschränkt ist. Denken Sie an Schwalbenschwanz-Verbindungen oder Zapfen bzw. Holzdübel.
  3. Stoffschlüssig. Die Stoffe „verschmelzen“ miteinander, so wie man es beispielsweise beim Schweißen kennt. (Bedingt gilt dies auch für Leimverbindungen beim Schreiner.)
Jede dieser drei Arten hat Vor- und Nachteile. Nicht jede lässt sich bei jedem Material einsetzen. Und natürlich gibt es auch Einsatzgebiete, in denen bestimmte Verbindungsmöglichkeiten entweder technisch nicht gehen (Holz kann man nicht löten) oder gar nicht erst in Frage kommen.

Gehen wir nun im Transfer auf Unternehmen und ihre Organisationseinheiten ein. Das Zusammenspiel bei der Arbeit muss man, analog der Verbindung von Werkstücken, stets individuell betrachten. Aber vom Typus her gibt es auch hier drei Klassen.
  1. Nennen wir es Kraftschluss, wenn man Austausch, Übergabe oder die Kooperation von außen erzwingt. Anweisungen und Regelungen sorgen für die formal notwendigen Abläufe.
  2. Sofern Prozesse ineinander verwoben oder Arbeitsabläufe (Workflows) in Ketten zwischen den Beteiligten organisiert sind, ist man beim Formschluss.
  3. Eine Art stoffschlüssiges Zusammenarbeitsmodell könnte die Hospitation, der Personalaustausch, oder die Prozessintegration sein.

Wie dargestellt hat jede Form ihre Berechtigung. Professionelle Tischler kombinieren – sollte es nicht anderslautende Anforderungen geben – bei jedem Produkt alle drei Formen der Verbindungstechnik. So kommt unter minimalem Aufwand ein maximal haltbares Ergebnis heraus.

Das gilt ebenso in der Organisationsentwicklung. Selbst die meist recht ungeliebten Anweisungen (1) sind in manchen Fällen unumgänglich, aber sie dürfen natürlich nicht als ausschließliche oder auch nur vorwiegende Maßnahme eingesetzt werden. Besonderes Augenmerk muss man auf die (2) Gestaltung der Prozesse (technische, aber auch menschliche) legen. Grundsätzlich ist es ein Gratwanderung, dass Abläufe verzahnt, dabei aber nicht zu stark untergliedert werden. Einem Bearbeiter nur den Stempel für die Freigabe eines Antrages aus benachbarter OE zu geben, kann auf Dauer nicht gut gehen.
Und selbstverständlich sind auch die Durchlässigkeit und der geplante gemeinsame Personaleinsatz (3) nur dann ein gutes Mittel, wenn die Beteiligten hierbei begleitet werden. Das reine Abkommandieren in eine fremde Abteilung ist mit hoher Wahrscheinlichkeit eher kontraproduktiv.

Fazit: Betrachten Sie mal eine (gewünschte) organisatorische Kooperation unter dem Gesichtspunkt der Verbindungstechnik. Und wählen Sie aus, welche der Typen oder welche Kombination optimal sein könnte. Und dann (unter Beobachtung) mal ausprobieren – in der Reihenfolge meiner Liste wird der Anspruch an und der Aufwand für die Betreuung immer höher. Aber es lohnt sich.

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