Dienstag, 20. April 2021

Ich wäre gerne eine Kakerlake

Als kleine Kinder haben wir Märchen vorgelesen bekommen, vom Froschkönig, vom Hässlichen jungen Entlein. Etwas moderner dann in Die Schöne und das Biest. Botschaft ist stets der Aufruf, nicht nur eine vermeintlich abstoßende Schale zu sehen, sondern auch die darin liegenden Werte und Entwicklungsmöglichkeiten zu erkennen.

Und so widme ich mich heute einem durchaus faszinierenden Tier, der Kakerlake. Beispielsweise ist uns kein Lebewesen bekannt, das schneller die Richtung wechseln kann. Grundlage ist die Kombination aus einer technisch bislang unerreichbaren Traktion mit außergewöhnlich zügiger Koordination der Gliedmaßen.

Das Durchschlüpfen selbst kleinster Ritzen und Öffnungen wiederum setzt einen speziellen Körperbau voraus, der sich zu einem erheblichen Teil verletzungsfrei drücken lässt (Exoskelet). Und auch hier wieder die Notwendigkeit, diese besondere Fähigkeit mit den Laufbeinen zu kombinieren. Die Fortbewegung muss ja auch im komprimierten Zustand sichergestellt sein.

Dazu eine Nachtausstattung, Fühler und hochempfindliche Erschütterungssensoren. Fortbewegung in der Luft möglich, mehr oder weniger aufwändige Sprünge ebenso. Energieversorgung aus pflanzlichen und tierischen Quellen (Allesfresser).

Ist das nicht ein beeindruckendes Leistungsspektrum?

Und da stellen wir uns als Menschen hin und klassifizieren diesen lichtscheuen und grundsätzlich weitgehend unbemerkbaren Mitbewohner als ekelhaften Schädling. Dabei hätte ich gerne ein paar dieser bewundernswerten Eigenschaften – sei es in körperlicher oder geistiger Analogie.

Wendigkeit der Gedanken zum Beispiel. Oder das Durchschlüpfen von Argumentationsritzen. Fortbewegung in jedem Umfeld. Empfindliche Sensoren für unternehmerische Erschütterungen. Diskretion und Arbeit im Verborgenen.

Ich möchte sie ja nicht küssen, aber steckt nicht in jeder Kakerlake auch ein Frosch?

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