Mittwoch, 26. Januar 2022

Zielgruppenadäquat – oder: Wer will denn das hören?

Schon irgendwie komisch: Da lernen wir Menschen ausschließlich durch Feedback, meist in Form von Rückmeldungen oder Reaktionen anderer Menschen. Da richten wir unsere Entscheidungen an Beurteilungen aus, lassen uns von mehr oder weniger offensichtlichen Faktoren zu Handlungen verleiten.

Daraus ergeben sich dann Lebensläufe, die einen gewissen Erfolg zeitigen. Doch was ist denn dieser „Erfolg“. Meist messen wir ihn gar nicht selbst, lassen ihn von Mitmenschen messen oder orientieren uns zumindest an diesen.

Kein großes Auto? Versager! Nicht im Vorstand oder zumindest in deutlicher Führungsposition? Schwächling! Kein junges Häschen im Bett? Spießer! Und so weiter. Im Kern geht es uns ja um Glück und Lebensqualität, und da lassen wir gerne unsere Mitmenschen an unserem Erfolg teilhaben. Nur durch seine herausragende Qualität und die richtigen Entscheidungen hat sich ein Mann zu dem tollen Hecht entwickelt, der er heute ist.

Diesen Erfolgsmenschen Tipps zu geben ist schier unmöglich. Sie haben ja alles optimal gemacht, sonst wären sie nicht da, wo sie sind. Und wenn diese Psychofuzzies und Philosophen daherkommen, dann sollen die erst mal selbst beweisen, dass ihre tollen Ratschläge wirklich weiterhelfen. Reich scheinen sie jedenfalls schon mal nicht zu machen.

Doch halt! Wer sagt denn, dass die unbestrittenen Erfolge nicht mit besserem emotionalem Unterbau und Empathie noch viel größer gewesen wären? Und muss ein Fußballtrainer besser Fußball spielen als seine Mannschaft?

Was da viel eher im Weg steht ist die innere Bereitschaft, etwas an sich zu verändern. Da muss ja erst mal die Einsicht da sein, dass es noch etwas zu verbessern gibt, auch wenn es schon durchaus gut zu laufen scheint. Nein, hier kommt uns das Beharrungsvermögen in die Quere, das ich als „Lehrer-Syndrom“ bezeichnen möchte. Oft habe ich erlebt, dass diese Spezies nach dem Grundsatz „belehren, aber nicht lehren“ agiert. Was höchst kritikwürdig ist, wie schon Jesus wusste, als er in seinem Gleichnis vom Splitter im Auge des Gegenübers und dem Balken im eigenen Auge sprach. 
Eine gewisse Selbstgefälligkeit – das kennen insbesondere Berater und Trainer – ist so hinderlich, dass eine Entwicklung schier unmöglich wird, denn: Wer will denn das hören?

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Dienstag, 18. Januar 2022

Unternehmens-Sternzeichen

Gerade als Jugendlicher haben mich Mädchen damit genervt, dass sie mich beim Kennenlernen nach meinem Sternzeichen gefragt haben. Keine Ahnung und ehrlich gesagt glaube ich auch nicht an diesen Hokus-Pokus.

Obwohl…
Auch heute bin ich skeptisch, ob man von dem Datum der Geburt auf Charaktereigenschaften schließen kann. Aber etwas weiter gefasst ist der Ansatz ja durchaus valide, immerhin stehen damit zwölf Typen und bei Hinzunahme von Unterausprägungen („Aszendenten“) insgesamt 144 verschiedene Charaktere zur Auswahl. Da sollte man doch jeden Menschen ziemlich passend einsortieren können.
Spannend sind da insbesondere typische Eigenschaften, Stärken / Schwächen und das jeweilige (Lebens-) Motto. Glauben Sie nicht die überwiegend dilettantischen Zuordnungen und aussagefreien Horoskope. Aber die Beschäftigung mit den Grundlagen macht Spaß.
Beispiel Zwilling. Sein Lebensmotto ist das Sowohl-als-auch. Entsprechend ist er in seinen Urteilen und Entscheidungen praktisch nie am Ende einer Skala zu finden, sondern immer abwägend im mittleren Bereich. Ob das eine Stärke oder Schwäche ist, hängt von der Situation ab.

Doch ich wollte ja eigentlich den beliebten Bogen spannen zu den Eigenschaften von Unternehmen. Naheliegend können wir auch diese in bestimmte Kategorien fassen, völlig unabhängig von der Branche. Da gibt es Betriebe, die aktiv, geradezu aggressiv in den Markt gehen, andere eher zurückhaltend. Stehen die Kunden im Mittelpunkt, die Mitarbeiter, die Gesellschafter, die Gewinne? Und dann natürlich die Frage nach dem Arbeitstakt: Beamten-Mentalität versus Gipfelstürmer.

Da liegt es also nahe, ebenfalls so etwas wie Unternehmens-Sternzeichen zu erstellen und Eigenschaften zu hinterlegen. Aber wir sollten es uns an der Stelle nicht zu schwierig machen. Schließlich gibt es eine Vielzahl an Personen, die sich schon mit Zodiak beschäftigen. Also da mal vorbeischauen, die Charaktereigenschaften von Menschen „übersetzen“ und auf Unternehmen anwenden. Überraschungen und vor allem Erkenntnisse über eigene aber auch fremde Stärken und Schwächen inklusive.

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Mittwoch, 12. Januar 2022

Künstliche Intelligenz

Vor einigen Monaten hörte ich von einem Bekannten, dass er meine E-Mail nicht bekommen habe. Ich wurde unsicher, schaute in meinem Postfach nach, doch, ich hatte die Nachricht geschrieben und versendet. Nur war sie nicht angekommen. Keine Fehlermeldung, kein Hinweis auf Zustellungsprobleme. Andere E-Mails waren störungsfrei übertragen worden, nur diese eben nicht, grundsätzlich an diesen Bekannten nicht. Und dann wieder eine, die nicht zugestellt wurde, diesmal an einen anderen Empfänger.
Es dauerte mehrere Wochen, bis ich herausbekommen hatte, was passiert war. Durch nicht mehr nachvollziehbare Auslöser war mein gesamtes E-Mail-Postfach auf einen anderen Server umgezogen worden, der als nicht vertrauenswürdig eingestuft ist. Mit anderen Worten ich wurde behandelt wie ein Spam-Verteiler. Manche empfangende Postfächer leiteten meine E-Mails angesichts dieses Versandservers ungesehen in einen Papierkorb.
Ohne menschliches Zutun hatte ein Roboter entschieden, dass ich Spam verschicke und mein Postfach deshalb auf den Spam-Server gehöre. Was ihn zu dieser Einschätzung gebracht hat, ist angesichts der aufwändigen und fortlaufend optimierenden Regelmaschine nicht rekonstruierbar.
So sehr ich die Errungenschaften von künstlicher Intelligenz und selbstlernenden Algorithmen zu schätzen weiß, das Ganze hat eben auch seine Grenzen. Und wie bei Menschen gibt es eben auch
künstlich mehr oder weniger intelligente und mehr oder weniger doofe Computer. Man ist ihnen ausgeliefert, werden Kreditanträge von solchen über Statistiken gesteuerten Beurteilungen entschieden. Das ist noch halbwegs transparent und kann eventuell durch ein Gespräch mit dem Kundenbetreuer gerade gebogen werden. Aber spätestens bei vollautomatisierten Entscheidungen ist es fatal, wenn man an einen fehlprogrammierten oder schlichtweg unintelligenten Roboter gerät.

So richtig überzeugend ist die aktuelle Situation noch nicht. Sei es, weil die Ergebnisse wie im täglichen Leben von fremden Einflussfaktoren geprägt sind (z. B. lässt sich die Reihenfolge der Trefferliste bei Google durch Zahlung verändern). Sei es, weil die Berechnung zwar korrekt, die Datenbasis aber unzureichend ist. Sei es, weil man mit dem individuellen Fall schlicht nicht im Signifikanzbereich der verwendeten Statistik liegt.

Zur Unterstützung von Massenbearbeitungen ist Künstliche Intelligenz aus meiner Sicht ein guter Ansatz, als alleiniger und unbeaufsichtigter Prozess allerdings höchst fragwürdig.

[Siehe auch: Natürliche IntelligenzEmotionale Intelligenz]

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Mittwoch, 5. Januar 2022

Von großen und kleinen Ballons

Einen bemerkenswerten Effekt kennen wir von Monopoly. Wer da erst mal bestimmte Objekte erhalten hat, der hat gewonnen, egal, wie lang das Spiel sich danach noch hinzieht.
Physiker kennen das als Effekt kommunizierender Ballons. Wir nehmen zwei Ballons, pusten sie auf, allerdings unterschiedlich stark und verbinden sie mit einem Röhrchen. Da würde man ja spontan erwarten, dass dann nach kurzer Zeit ein Gleichgewicht eintritt, beide Ballons also gleich groß sind. Aber falsch, wir können zuschauen, wie der kleinere Ballon noch kleiner und der große noch größer wird. (Das liegt an der Spannung der Ballonhülle, die beim weniger aufgepusteten Ballon größer ist und damit für einen höheren Druck sorgt.)

Das beobachte ich auch bei Nachbarorten. Während das eine Dorf auch nach Jahrzehnten der Anstrengung weitgehend unverändert ist, hat sich der Flecken daneben zu einem lebendigen kleinen Zentrum entwickelt.

Oder Geschwister, von denen ein Kind sich deutlich besser entwickelt, sowohl in der Schule als auch im sozialen Umfeld gut verankert ist. Und der Abstand zum anderen Kind immer größer wird, weil es auf der Stelle tritt.

Unternehmen mit fast gleichen Startbedingungen, anfangs sogar ein Kopf-an-Kopf-Rennen im Wettbewerb, und dann plötzlich kippt es und der Niedergang des einen Marktteilnehmers ist praktisch nicht mehr aufzuhalten.

Was also tun? Den eigenen Charakter suchen, finden und sich danach ausrichten (Orte). Einen anderen Markt suchen (Unternehmen), eine Persönlichkeitsentwicklung, die den eigenen Fähigkeiten entspricht (Geschwister). Ein Spiel beenden, wenn es nicht mehr zu gewinnen ist (Monopoly).

Aber jedenfalls sollte man sich klar machen, dass nicht alle verbundenen Systeme automatisch zu einem Ausgleich tendieren. Und wenn man nun mal im kleineren Ballon sitzt, dann hilft vielleicht nur eine Trennung der Verbindung.

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