Ich stehe vor dem Verkaufsregal im Supermarkt. Auf den Einkaufszettel hat mir meine Frau noch „Vollwaschmittel“ aufgeschrieben, ein Produkt, das ich eher selten mitbringe. Also, mal sehen, was es im Angebot gibt. Auf Augenhöhe Artikel der bekannten Marken in verschiedenen Größen, weiter oben die Hausmarke und ganz unten irgendwelche White-Label-Waschmittel.
Aber nicht nur die Marke, auch die Frage nach Pulver oder Flüssigkeit beschäftigt mich. Was steht denn immer bei uns in der Waschküche? Was habe ich an Allgemeinwissen noch über Waschmittel im Hinterkopf und wie gut kann ich auf meine eigenen Erfahrungen aus der Studentenzeit zurückgreifen?
Ich drehe die Flaschen und Kartons um, lese, was auf der Rückseite steht und versuche meine Auswahl daran zu orientieren. Kombiniere mit Werbetexten, Aussagen von Freunden und Testberichten, die ich vor einiger Zeit mal in einem Magazin gelesen habe.
Und dann ist sie da, die Entscheidung. Ich nehme einfach das Teuerste. Da kann ich nicht viel falsch machen und muss mir hinterher keine fehlplatzierte Sparsamkeit vorwerfen lassen. Ich hebe das ausgewählte Flüssigwaschpulver in den Einkaufswagen und fahre gutgelaunt weiter.
Schaut man in ein paar Monaten in die Verkaufsstatistik wird man deutliche Trends feststellen. Flasche A wurde oft gekauft, Waschpulver B viel weniger, obwohl es in den Inhaltsstoffen sehr ähnlich und obendrein vegan ist.
Was ist da schiefgelaufen? Waren die Käufer einfach zu dumm oder uninformiert, war die Verpackung hübscher, die Werbung besser, oder ist tatsächlich eine Flüssigkeit gegenüber einem Pulver vorzuziehen? Umfragen könnten ein wenig Licht hineinbringen und für den zukünftigen Verkauf Änderungen empfehlen.
Was, das erinnert an politische Wahlen, zum Beispiel in den USA? Gewiss, es gibt nur zwei „Produkte“ zur Auswahl, aber das Abwägen ist ähnlich. Denn auch in der Politik ist nicht unbedingt klar, was letztendlich zur Wahl des einen oder anderen Kandidaten geführt hat.
Jedenfalls spielen neben den „Inhaltsstoffen“ noch eine Reihe weiterer Faktoren eine ent-scheidende Rolle. Welche Meinung vertreten mir wichtige Zeitgenossen (Familie, Freunde, Influencer), was habe ich aus der Werbung mitgenommen, welche Erfahrungen habe ich bislang gemacht, welche Schwerpunkte setze ich?
Und so kommen beim Aufruf der Statistik (Auszählen der Stimmen) Ergebnisse heraus, die manche Kandidaten erfreut, andere entsetzt. Aber jeder Käufer bzw. Wähler hat nun mal einen eigenen Einkaufswagen, und mit welcher Auswahl er zur Kasse oder Wahlurne geht, ist seine Sache.
Er nimmt zwar mit seiner Stimme Einfluss auf das Ergebnis, aber er ist nicht „Schuld“. Vielmehr ist es Sache der Anbieter, möglichst viele Käufer bzw. Wähler „abzuholen“. Wem das besser gelingt, der hat gewonnen. Ganz wörtlich.
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