Da gibt es doch diese lustigen Bildchen mit wechselnden Inhalten, unter denen jeweils eine Ergänzung zu "Liebe ist..." steht. In mehr oder weniger kitschigen Szenen wird eine Ausprägung dieses emotionalen Phänomens beschrieben. Es ist ja auch bisher niemand gelungen, hierfür eine allgemein akzeptierte Definition zu finden: Was ist das eigentlich, diese "Liebe"? Und entsprechend ist viel Platz für die Auslegung.
Was bei der Liebe schier unmöglich scheint, ist bei der Qualität aber auch nicht viel besser. Was der eine unter diesem Begriff versteht, ist für den anderen wenig oder gar nicht zutreffend. Und das beginnt schon damit, dass wir von vorneherein eine Wertung vornehmen, also Qualität als etwas Positives verstehen, was sie aber erst mal gar nicht ist. Sie ist völlig neutral und bezeichnet die Beschaffenheit einer Sache.
Und damit wird schon klar, dass die Bewertung erst durch einen zweiten Schritt erfolgt. Sehr schön kann man das bei Hotelbeurteilungen verfolgen. Während sich die Gäste in Drei-Sterne-Häusern lobend über die kleine Aufmerksamkeit auf dem Kopfkissen äußern und damit die Übernachtungsqualität als gut einschätzen, weht der Wind bei Vier-Sterne-Häusern aus einer anderen Richtung. Nicht allein, dass das Schokolädchen als Selbstverständlichkeit erwartet wird, eher wird kritisiert, dass das bereitgestellte Shampoo nicht dem eigenen Duftwunsch entspricht; was zu einer negativen Bewertung führt.
So ist zwar die Qualität (Beschaffenheit) besser, die Beurteilung aber schlechter.
Qualität, so könnte man formulieren, ist also das Verhältnis zwischen Erwartung und Erfüllung. Je höher der (relative) Preis, desto höher die Erwartung, desto aufregender und überdurchschnittlicher muss das Angebot sein. Standard zu hohem Preis wird als überhöht empfunden, besondere Leistung zum Basispreis entweder nur wohlwollend zur Kenntnis genommen oder sogar misstrauisch beäugt.
Nun ist der Begriff der Qualität nicht nur für Hotels anwendbar. Und auch der Blick auf technische Geräte oder menschliche Dienstleistungen zeigt nur einen Teil. Vielmehr passt die Frage nach der Qualität auch für das eigene Arbeitsverhältnis, die eigene Partnerschaft oder das eigene Leben.
Die optimale Arbeitsstelle gibt es nicht. Bestenfalls hat man bestimmte Wünsche, Vorstellungen, Fähigkeiten, die man gut mit den Bedingungen der Tätigkeit abgedeckt bekommt. Ob man großen Wert auf eine gute Kantine, Homeoffice-Optionen oder kameradschaftliche Umgangsform legt, ist individuell unterschiedlich und kein grundsätzliches Qualitätsmerkmal.
Ähnlich in der Partnerschaft. Wer einen Partner sucht, der erlebt Menschen mit mannigfaltigen Eigenschaften. Wie ausgeprägt zum Beispiel der Ordnungssinn, die Sportlichkeit, das Aussehen oder die Verlässlichkeit sind, ist nicht nur individuell unterschiedlich, sondern auch individuell unterschiedlich relevant. Kann schon mal die dreckige Wäsche durch die Wohnung fliegen, dann brauche ich keinen Aufräumpingel, er kann mir sogar auf die Nerven gehen.
Und das eigene Leben? Auch bei diesem sollte die Erwartung an sich selbst mit der realistisch möglichen Leistung korrelieren. Die Bestimmung des Marktwertes bezüglich beruflicher Qualifikation, Ausstrahlung, Konkurrenz und realistischen Zielen ist neben dem Selbstmarketing ein wichtiger Faktor für ein zufriedenes Leben.
Bei diesen drei Beispielen kann man angesichts der vielen möglichen Parameter immer nur einen Ausschnitt betrachten. Das ist übrigens auch ein wichtiger Aspekt, bei den sehr wissenschaftlich aufgebauten Tests der Stiftung Warentest ist dies immer in der Rubrik "So haben wir geprüft" nachzulesen. Und da erkennt man deutlich, was betrachtet (und rückschließend auch was nicht betrachtet) wird. Sind die Bilder in den Bürofluren egal, spielt die Augenfarbe meiner Partnerin keine Rolle oder ist mir eine eigene Immobilie egal, dann ist das für die Bewertung der Qualität der betrachteten Situation unwichtig.
Am Ende muss man sich also zur Orientierung ein paar Fragen stellen. In welchem Segment bin ich für die betrachtete Situation unterwegs, welcher Preis (auch als Begriff für Gegenleistung) wird gefordert, was kann ich dafür im Standard erwarten, was wird tatsächlich angeboten? Diese Fragen entscheiden, ob ich zulässig die Qualität als gut oder schlecht beschreiben, ein begründetes Urteil abgeben kann.
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