Mittwoch, 1. April 2020

Glaskugel-Weitwurf

Für Menschen mit Sinn und Verstand ist die gegenwärtige Diskussion über den Umgang mit einem Virus, nennen wir es in diesem Fall mal Covid-19, ein Graus.
Für Menschen generell ist es natürlich ein Thema - damit habe ich mich schon an anderer Stelle beschäftigt: Wir brauchen Sicherheit, wollen planen können. Deshalb immer wieder die Frage nach dem weiteren Verlauf, möglichst mit terminierten Meilensteinen.

Liebe Mitmenschen, auch wenn es zum heutigen Zeitpunkt eine unangenehme Wahrheit ist - wir können es nicht seriös vorhersagen. Keine Chance.
Stellen Sie sich den bisherigen Anstieg der Infektionszahlen als Rampe vor. Die x-Achse bezeichnet die Zeit, die y-Achse die Anzahl der Infizierten. Und über diese Rampe lassen wir mit einer gewissen Geschwindigkeit unsere Vorhersage-Glaskugel rollen. Wo die Kurve heute endet fliegt sie noch ein Stück weiter und landet zum Zeitpunkt t wieder auf der x-Achse. Die Infektionszahl ist 0, wir wissen damit, wann es keine Infizierten mehr gibt

Hat die Vorstellung geklappt? Nun, dann spielen wir mal ein wenig an den Parametern. Welche mag es da geben:
  • Messfehler in der Infektionskurve (gibt es genügend Proben, unterziehen sich statistisch relevant genügend Personen der Untersuchung). Vermutlich ist die Kurve steiler, jedenfalls aber höher als gemessen.
  • Ist die Kurvenform ausreichend beschrieben, um den weiteren Verlauf am Gipfel zu modellieren? Selbst kleine Änderungen am Maximum haben merklichen Einfluss auf den weiteren Verlauf.
  • Hat unsere Glaskugel die richtigen Eigenschaften (Durchmesser, Gewicht)? Bei zu großer Masse schlägt sie beispielsweise unrealistisch früh auf.
  • Wurde die Kugel weder zu schnell noch zu langsam angestossen? Das ist zwar ein eigener Parameter, hängt aber stark mit den Kugeleigenschaften zusammen.
  • Ist die Hypothese einer symmetrischen Kurve (oder in unserem Modell des Parabelfluges ab heute) zutreffend? Der Anstieg kann wesentlich steiler erfolgen als das Abklingen.
  • Gibt es bisher noch nicht erkennbare Widerstände, Sättigungen, Wiederanstiege? Beispielsweise sind die Reaktionen der Bevölkerung nicht sicher abzusehen, Genesene bilden eine Immungruppe, aber auch das Auftauchen eines mutierten Virus ist möglich.
Und so weiter.
Wer also Anfang April 2020 bei einem amtlichen Stand von 67.366 Infizierten und 732 Toten fragt, wann wir wieder zur "Normalität" zurückkehren: K. A.
Alles andere ist - völlig unabhängig von der intellektuellen Tiefe und Fachkompetenz nur eins: Glaskugel-Weitwurf.

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