Ich auf der Autobahn. Schon wieder eine Baustelle, Tempo 80. Wie lässig die anderen Verkehrsteilnehmer mit dieser Situation umgehen und wie flott sie hindurchfahren. Ich schlage auf das erlaubte Tempo ein klein bisschen auf, aber aus Sicht meiner Mitmenschen scheine ich ein Verkehrshindernis zu sein.
Also zumindest bis zu der Stelle, an der unübersehbar am Straßenrand ein Radargerät aufgebaut. Ist da fahre ich ohne mir Gedanken machen zu müssen mit meiner Geschwindigkeit weiter, während die meisten um mich herum hektisch abbremsen (was mich dann leider auch zu unnötig langsamer Fahrt zwingt).
(1) Wenn keiner seinem Tacho traut, warum wird dann abseits der Radargerät so schnell gefahren?
(2) Halten sie sich nur an Regeln, wenn Strafen nicht nur angedroht sondern offensichtlich auch zur Anwendung kommen?
(3) Spielt das Strafmaß (oft nur wenige Euro, die den wenigsten Betroffenen merklich wehtun) eine Rolle?
(4) Oder ist es nur die Wahrscheinlichkeit, erwischt zu werden?
(5) Wieviel Vertrauen kann man in die Autofahrer – als Gesamtheit gesehen – stecken, dass sie Regeln einhalten, egal, ob sie sie im Einzelfall für sich als relevant empfinden?
(6) Und spielt die Einsicht bei der Einhaltung eine Rolle oder eher die Angst vor Sanktionen?
(7) Hat die Einhaltung oder Nichteinhaltung neben einem angestrebten Ziel (z. B. Sicherheitserhöhung) auch Nebeneffekte wie „Erziehung“?
(8) Wo liegt das offensichtlich notwendige Gleichgewicht zwischen Verhaltenssteuerung und Überwachungsmentalität?
(9) Sollte man ein in der Sache entbehrliches Tempolimit statt Überwachung nicht besser entfernen?
Jedenfalls schweiften meine Gedanken an die Führung von Mitarbeitern oder die Entwicklung von Nachwuchskräften. Natürlich spreche ich dort nicht vom Tempolimit, sondern von Regeln und Prozessen, von Aufgaben und Arbeitskontrollen. Vom Ansatz her kann man die Situation darauf übertragen. Wenn ich ein gewisses Verhalten oder Dienstbeflissenheit erwarte, muss ich mir sehr ähnliche Fragen stellen. Dabei sollten je nach Umfeld die Fragen nach der Notwendigkeit (Punkt 9) und auch der – personenabhängigen – Tiefe (Punkt 8) allen weiteren Überlegungen vorausgehen.
Doch wenn ich einen Rahmen definiert habe, in dem die Mitarbeiter agieren sollen, dann muss ich ihn zwingend mit den oben genannten Fragen überprüfen und ein Radarsystem installieren. Gemäß Punkt 8 nicht misszuverstehen als Kontrollsucht oder Überwachung. Aber andererseits auch handhaben im Sinne von laissez-faire (machen lassen), denn in jedem von uns steckt ein wenig Kind, das immer mal wieder auslotet, ob man die (lästige) Vorgabe nicht einfach ignorieren kann.
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