Mittwoch, 25. November 2020

Google und mein Grundschullehrer

Er war für mich der Inbegriff des Wissens: Egal, was mich interessierte, Herr Bonnesen konnte etwas dazu sagen. Er war bewandert in Technik, konnte die kindlichen Fragen zur Natur anschaulich beantworten und hatte auch für uns interessante Neuigkeiten in Heimatkunde und kommunaler Politik im Angebot.

Was mich damals faszinierte, ist für mich noch heute ein interessanter Gedanke. Spontan wird jeder Leser schmunzeln, denn meine Erinnerung ist geprägt von der Sicht eines vielleicht 10jährigen, der einem studierten Erwachsenen mit reichlich Lebenserfahrung gegenübersitzt. Gewiss sähe die Bilanz heute bei mir anders aus.

Aber gehe ich nicht genauso mit dem Internet und seinen Suchmaschinen um? Ich stelle mehr oder weniger naive Fragen, bekomme auf praktisch jede eine Antwort und vertraue darauf, dass ich damit korrekte Informationen erhalten habe. Begeisterung also zunächst, dass mein Grundschullehrer einen technischen Nachfolger bekommen hat. Allerdings kehrt sehr schnell Ernüchterung ein.

Befindet sich das Thema gerade mitten auf der medialen Bühne, ist zwar die Trefferanzahl enorm groß, die Möglichkeit zur Einschätzung der Verlässlichkeit aber enorm klein. Randthemen andererseits werden gar nicht angesprochen, auch Google weiß nicht weiter – klassische Recherche ist auch heute noch unumgänglich, Intelligenz und Einfallsreichtum dabei unverzichtbar.

Es ist also, das will ich damit sagen, kindlich-naiv, das Internet als ein allumfassendes Lexikon einzuschätzen und relevante Entscheidungen danach zu treffen. Der Datenpool ist tief, aber seine Oberfläche ist glatt und dabei ein Spiegel unseres Lebens, unserer Gesellschaft, unserer Kultur: Bequemlichkeit und Komfort lassen wir uns etwas kosten, im finanziellen wie im intellektuellen Sinn.

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