Dienstag, 26. Januar 2021

Man stirbt nicht an einem Oberschenkelhalsbruch – oder doch?

Die moderne Medizin ist da mächtig fit: Selbst bei älteren Menschen mit verschlissenen Knochen kann man noch sehr gut und erfolgversprechend einen Bruch des Oberschenkels reparieren. Wenn keine besonderen Vorerkrankungen existieren und die Operation routiniert und gut von statten geht, dann läuft alles gut. Daran stirbt man nicht.

Dennoch ist eine solche Fraktur – eigentlich eher die nachfolgende Phase – oft der Anfang vom Ende. Der alternde Körper hat es (physiologisch) viel schwerer, die Narkose zu verkraften. Es dauert oft mehrere Tage oder sogar Wochen, bis Trugbilder und Halluzinationen wieder verschwinden. Ganz besonders schwächen aber auch die eingeschränkte Bewegung und der damit einhergehende Muskelabbau. Im fortgeschrittenen Alter ist der Wiederaufbau ein sehr schwieriger und überraschend langwieriger Prozess. Parallel beobachtet man einen erheblichen Rückgang der geistigen Fähigkeiten, Demenz wird verstärkt.
Der alte Mensch beginnt zu kränkeln, der körperliche und geistige Abbau gewinnt an Fahrt, er gerät in eine kaum aufzuhaltende Abwärtsspirale, die früher oder später in Bettlägerigkeit endet und schließlich zum Tode führt.

Diese bedauerliche Systematik beobachte ich auch im aktuellen Zusammenhang mit der Corona-Krise. Auch hier sterben die wenigsten Geschäfte oder Branchen direkt an der Krise. Sie haben eine schwere Zeit, ja, aber sie gehen davon nicht unter. Oder doch?

In Analogie ist es die Veränderung des gesamten Systems. Die Konsumenten stellen fest, dass für sie seit Jahren selbstverständliche und nie in Frage gestellte Verhalten oder die Inanspruchnahme bestimmter Dienstleistungen (vorübergehend) nicht gehen… sie suchen nach Alternativen und finden (notgedrungen) neue Wege, die sie auch nach Ende der Krise nicht verlassen werden – es findet ein generelles Umdenken statt.
Beispiel: Da wir nicht ins Kino können, kaufen wir uns große Fernseher mit Dolby-Sound, die wir natürlich auch dann weiter nutzen, wenn die Kinos längst wieder geöffnet haben. 
Oder: Bisher bin ich ins Fitness-Studio gegangen, aber die Kombination aus dem gekauften Ergometer, ein paar Hanteln und dem Spaziergang an der frischen Luft – demnächst auch wieder mit dem besten Freund – stellt eine dauerhafte Alternative dar.

Und abschließend noch ein Transfer. Der Wiederaufbau, sprich die Zurückeroberung von Kunden, ist ähnlich mühsam wie ein Muskeltraining bei einem Achtzigjährigen. Jetzt heißt es klug mit dieser Erkenntnis umzugehen, ehrlich einzuschätzen, ob das eigene Angebot nur vorübergehend oder perspektivisch auch in Zukunft nicht in Anspruch genommen wird. Ist der Markt weitergezogen, das Konsumverhalten hat sich dauerhaft verändert, oder können die Abnehmer nur temporär nicht mit den Anbietern ins Geschäft kommen?
Falls sich die Marktlage bewegt hat, ist jetzt der richtige Moment sich auf die „Zeit danach“ mit geändertem Produktportfolio einzustellen. Bei vorübergehender Störung hingegen gilt es, an den Kunden zu bleiben, die geschäftsfreie Zeit bestmöglich mit Kommunikation und Kontakten zu füllen.

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