Mal ehrlich: Ich lese diese ellenlangen Zettel nicht durch,
die in den Pillenpackungen enthalten sind. Allein diese Patentfaltung bringt
mich in Rage, wenn man die Zettel einmal komplett aufgefaltet hat, bekommt man
sie nie wieder zusammen.
Bestenfalls schaue ich mal rein, wenn ich die Dosierung
nachschauen möchte oder noch seltener, wenn ich eine Nebenwirkung vermute.
Apropos Nebenwirkung. Vielleicht sind diese Beipackzettel doch nicht so unnütz. Warum gibt es sie nicht auch für Änderungen in Unternehmen. Wie heißt es so schön: Eine Arznei, die keine Nebenwirkung hat, hat auch keine Wirkung. Und so kenne ich das auch bei Organisationsänderungen. Da sollte sich der Initiator doch auch ein paar Fragen stellen und vor Umsetzung der Maßnahmen mehr oder weniger öffentlich beantworten.
- Was für eine Änderung ist
vorgesehen und welches Ziel verfolgt sie?
Was ist dieses Medikament und wofür wird es eingesetzt? - Welche Abhängigkeiten und Auswirkungen
auf andere Maßnahmen sind zu erwarten?
Wechselwirkung mit anderen Medikamenten, Verstärkung und Abschwächung - Welche Nebeneffekte kann
man absehen, gestaffelt nach der Wahrscheinlichkeit?
Nebenwirkungen - Wie sieht der Zeitplan
aus, muss man die Änderung „einschleichen“ oder startet man direkt mit der
kompletten Bandbreite („Big Bang“)?
Wie ist dieses Medikament einzunehmen - Gibt es konkrete
Abgrenzungen (z. B. darf in bestimmten Bereichen nicht umgesetzt werden)?
Hinweise für Schwangere, Kinder unter x Jahren, Risikogruppen - Was ist für den laufenden
Betrieb zu beachten?
Einschränkung im Straßenverkehr und dem Bedienen von Maschinen - Was muss man tun, wenn
(Teil-)Maßnahmen nicht umgesetzt werden oder das Herangehen zu starke
Reaktionen hervorruft
Wenn Sie versehentlich zu wenig oder zu viel eingenommen haben
Natürlich versuchen wir, einige dieser Punkte in der Projektdefinition zu bearbeiten, aber gerade Wechsel- und Nebenwirkungen werden oft viel zu wenig durchdacht und in die taktische Umsetzung eingeplant. Was dann vermeidbar zu unbefriedigenden Ergebnissen führt.
Und wie beim Beipackzettel: Man kann auch zwischendurch mal
wieder reinschauen, vielleicht treten im Laufe der Zeit doch Nebenwirkungen
ein, die am Anfang keine Rolle gespielt haben.
Die Überlegungen sind grundsätzlich richtig.
AntwortenLöschenAllerdings ist Medizin keine exakte Wissenschaft im Sinne von z. B. „Wenn - Dann.“ Heißt: Neben-/Wechselwirkungen können eintreten, müssen es aber nicht, und, wenn doch, nicht bei allen in gleicher Ausprägung. Und wenn man dann die Medikation ändert/aufhebt, sind auch die s. g. UAW abgemildert oder beseitigt - ganz alltägliches ärztliches Handeln.
Im Gegensatz dazu hat nach meiner langjährigen Erfahrung bisher annähernd jede wesentliche Änderung der Organisation oder der Verfahrensabläufe dazu geführt, dass Sand ins Getriebe kam, bestenfalls nur die - wie wir in der Medizin sagen - „letzte Wiese“ nicht mehr bewässert wurde, schlimmstenfalls aber diejenige Konservendose herausgepickt wurde, die den gesamten Stapel zum Einsturz brachte.
Da aber diese Änderungen viel Geld gekostet und Zeit für ihre Vorbereitung/Umsetzung in Anspruch genommen haben, tut man sich ungleich schwerer, die Modifikation zurück zu nehmen, zumal damit ziemlich sicher auch ein Ansehensverlust einhergeht.
Und noch ein kleiner, feiner Unterschied: Als Arzt handelt man nach bestem Wissen und Gewissen einzig und allein zum Wohle der Patienten. Persönliche Vorteile aus dieser Tätigkeit erlangen zu wollen, ist absolut unärztlich/unethisch.
Inwieweit das bei den „Entscheidern“ andernorts, bezogen auf ihr Aufgabengebiet, zutrifft oder ob dort ggf. auch noch andere, „persönlich“ gefärbte Motive mit hineinspielen, sei mal in Frage gestellt.
Sehr gute Ergänzung, die zeigt, dass gerade Unternehmensberater ganz schön viel von den "langjährigen Erfahrungen" (aus dem medizinischen Umfeld) lernen können. Und genau darum geht es ja in dem Artikel.
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