Mittwoch, 27. Oktober 2021

Schlagen wir uns durchs Meeting

Als Schlagzeuger weiß ich: Wir geben die Geschwindigkeit vor, bilden das rhythmische Rückgrat der Musik. Und damit ist das Schlagzeug ein wichtiges, zentrales Instrument. Mehr noch, es geht um den Takt, die Stabilität und Wiederholung in immer gleicher Dauer.

Als weiterer Aspekt kommt noch die Unterstreichung der Struktur hinzu. Die Einleitung (Intro), der Basisrhythmus (Groove), der Wechsel zwischen Strophe und Refrain. Dazu meist der Einsatz von Signalen (Crashbecken) beim Übergang in einen neuen Abschnitt. Schließlich als gängiges Stilmittel ein Einschub (Fill-in), normalerweise vor der Rückkehr in den Basisrhythmus.

Genau darauf möchte ich hinaus. Man kann so ein Fill-in aufwändig und voller wilder Trommelwirbel und unter Verwendung aller Becken spielen. Oder einfach mal aussetzen, eine kurze Pause, in der man den anderen Musikern die Bühne lässt, um dann wieder kraftvoll einzusteigen.

Ich habe überlegt, ob das nicht auch für Meetings gilt. Man ist dabei, Teil eines Teams (analog zur Band) und ist vielleicht als Fachmann eine Art Rückgrat der Besprechung. Steuert die Geschwindigkeit (soweit das Team mitgehen kann) und je nach Gelegenheit sorgt man auch für ein gutes Timing. Jedenfalls spielt man mit, sorgt für den Einstieg und gibt zu diesem oder jenem Aspekt seine Meinung zum Besten. Und das Fill-in? Es ist die Kür, und völlig berechtigt gibt es ja das Sprichwort „Reden ist Silber, Schweigen ist Gold“ Nur Achtung: Wie beim Schlagzeugspielen geht es nach dieser kurzen Ruhephase weiter, sie darf also nicht das Ende der Sitzung bedeuten. Kein Schlagzeuger steht vor Ende des Titels auf und verlässt die Bühne.

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Mittwoch, 20. Oktober 2021

Spielfreude der Customer Journey

Stellen Sie sich ein Team vor, das Spaß an der Arbeit hat. Freude, etwas zu schaffen, Feier des  gemeinsam erreichten. Da mag in den Prozessabläufen hier und da eine kleine Unregelmäßigkeit sein, vielleicht ist auch die Expertise stellenweise lückenhaft. Aber das macht nichts, trägt doch der Enthusiasmus die Gruppe voran.

Kennen wir doch von Bands auf der Bühne. Da gibt es auch diese routinierten Profis, bei denen jeder Griff in die Saiten perfekt stimmt, konzentriert und fehlerfrei wird die Musik dargeboten. Ich stehe vor der Bühne, staune über die Präzision, wirklich jeder Akkord, jedes Detail ist wie auf der CD, die ich zu Hause gehört habe. Aber irgendwie fehlt die Lebendigkeit, das Einbinden von Emotionen, von der heutigen Stimmung.

Ganz anders die Vorgruppe, eine bunte Mischung von Amateuren. Okay, der Drummer hatte mal einen kleinen Aussetzer und der Sänger vor lauter Begeisterung seinen Einsatz verpasst. Aber dieses Strahlen, dieses Hüpfen von einer Seite zur anderen, dieses glaubwürdige Bedauern, als sie dem Hauptact die Bühne überlassen mussten: Das hat mich mitgerissen und eigentlich hätte ich viel lieber noch weiter dieser Spielfreude zugeschaut und zugehört.

Begeisterung kann man nicht kaufen, weder beim Musikkonzert noch im Unternehmen. Aber hier wie da ist sie die Triebfeder, die aus guter Qualität ein nachhaltiges Erlebnis macht. Und vielleicht ist es für die Unternehmensberater eine gute Anregung, wenn sie mal wieder von Customer Journey sprechen. Ist diese Reise der routinierte Ausflug mit einem gelangweilten Reiseleiter oder ein einmalig (schönes) Erlebnis gleichermaßen von Kunden und Anbietern?

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Mittwoch, 13. Oktober 2021

Alle meine Künstler

Trotz vielerlei Bemühungen scheint es ausgesprochen schwierig zu sein, den Begriff der Kunst allgemeingültig und alltagstauglich zu definieren. Doch völlig unabhängig sind wir uns einig, dass Kunst in verschiedenen Ausprägungen vorkommt. Ich nenne es Ausdrucksformen (z. B. Malerei, Musik, Literatur und so weiter) und lasse dabei offen, ob es sich bei einem Produkt um ein Werk oder eben ein Kunstwerk handelt.


Was die Ausdrucksformen verbindet sind die Qualitätsstufen. Auch das größte Malereigenie hat mal mit Kritzeln angefangen, die ersten Choreografien eines Tänzers sind unbeholfenes Tapsen. Und dann die Lernphase, das Nachahmen wie beim Erlernen der Schreibschrift. Wie in der Grundschule sieht das Ergebnis (im Idealfall) erst mal bei allen Schülern gleich aus, doch rasch differenziert sich das Schriftbild. Die Schrift formt sich, wird individuell und ein Spiegel des Charakters. Nicht anders auch in der Musik, wo auf den „strengen“ Klavierunterricht eine Phase der persönlichen Note, der Individualisierung, folgt.

Im nächsten Schritt wird es dann professioneller, die Technik steht nicht mehr im Vordergrund. Wie man einen Pinsel hält, welche Aspekte bei der Farbwahl und dem Malmittel zu beachten sind, das alles ist in Fleisch und Blut übergegangen. Der Schwerpunkt verschiebt sich in Richtung Interpretation einer Vorlage, Variation nach eigenen Vorstellungen. Der Schriftsteller könnte nach Lektüre eines Buches auf die Idee kommen, den Plot auf seine Art aufzubereiten und die Geschichte aus einer anderen Perspektive nachzuerzählen.

Dem Nachahmen und Variieren folgt das Verstehen der Grundregeln, die die Basis der gewählten Ausdrucksform bilden. Die Struktur eines Musikstückes, die Aufteilung in Abschnitte, Takte, Wiederholungen und Rhythmen können in ihrer Ausprägung modeabhängig sein, weitgehend zeitlos ist jedoch die im (europäischen) Kulturkreis verankerte Harmonielehre. Der Meister der Pinsel wird sich eher an Proportionen und Farbkreisen orientieren, der Hüter des guten Wortes an rhetorischen Mitteln.

Und schließlich – die Kür – wird aus der eingängigen und leicht verdaulichen Musik der Jazz, der dem Zuhörer möglicherweise eine ausgewachsene Portion Beschäftigung abverlangt. Es ist das Pendant zur abstrakten Malerei, nichts ist konkret zu erkennen, aber es gehorcht bestimmten Regeln und in den meisten Fällen ist es eine sehr komprimierte Darstellung. In der Schriftform kennen wir diese Kompression als Gedicht.

So sind sie, die Künstlerinnen und Künstler: Menschen, die in ihrer eigenen Welt leben, eine eigene Sprache (Ausdrucksform als Kommunikationsmittel) sprechen und eben auch einen unterschiedlich großen Wortschatz haben. Und um im Bild zu bleiben ist auch hier eine Verständigung aufgrund von Dialekt oder gar Fremdsprache möglicherweise schwierig oder unmöglich.

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Mittwoch, 6. Oktober 2021

Sorgen à la Gartner

Gartner macht das Leben leicht: Alles wird in die bekannten vier Quadranten geteilt, geeignete Achsenbeschriftung dran und los geht’s. Wir wollen heute mal das Thema Sorgen in solch eine Darstellung überführen und überlegen, was für Schlüsse wir daraus ziehen können.

Als Raster wählen wir eine Matrix mit den Achsen Relevanz und Beeinflussbarkeit. Auf der x-Achse also die tatsächliche Bedrohung, der Impact für uns, unser Leben, unsere Situation. Auf der Ordinate dann die Möglichkeit, auf die Sorge Einfluss zu nehmen.


So würde man beispielsweise die Angst vor dem Tod als nicht beeinflussbar einstufen und auch einräumen, dass er zentrale Relevanz für unser Leben hat. Damit sortieren wir ihn in die untere rechte Ecke. Man kann versuchen, ob man auf Punkte in diesem Quadranten doch Einfluss nehmen kann (und damit nach rechts oben zu kommen). Oder inwieweit die persönliche Relevanz oder das Gefahrenpotential zu hoch eingeschätzt wird. Aber grundsätzlich ist hier die Strategie, mit dieser Sorge zu leben, sie zu akzeptieren. „Das Unvermeidliche mit Würde tragen.“

Dann gibt es Ängste, die sich zwar unserer Steuerung entziehen, die aber geringeren konkreten Einfluss auf uns haben. Durchaus denkbar, dass man einen guten Freund verliert, dass einem ein Ratgeber und Partner verloren geht. Die Möglichkeit sollte man im Sinne von Risikomanagement akzeptieren, die Angst vor diesem Szenario jedoch nicht überhand nehmen lassen. Auch hier ist die zentrale Strategie die Akzeptanz, den Umgang kann man als Verdrängen bezeichnen.

Obere Reihe, also die mehr oder weniger beeinflussbaren Sorgen. Rechts diejenigen mit hoher Relevanz, da können wir sehr gut ansetzen. Die Auslöser analysieren und weitestgehend beseitigen verschiebt diese Punkte in Richtung niedrigerer Relevanz (also nach links) oder sogar in die Sorgenfrei-Zone. Und wenn wir die Ursachen nicht ändern können oder wollen ist noch eine Erleichterung durch Neubewertung (z. B. Love-it / Change-it / Leave-it) möglich. Jedenfalls lässt sich dieser Quadrant relativ leicht entleeren und mit recht geringem Aufwand managen: In anderem Zusammenhang würde man von Quick-wins sprechen.

Schließlich die gut beeinflussbaren Ängste, die für uns kaum eine tatsächliche Relevanz haben. Natürlich kann man sich um alles Sorgen machen, was auf diesem Erdball passiert. Auch lokale Vorfälle im Ausland lassen sich in seelische Pein überführen. Aber genau hier können wir ansetzen und dafür sorgen, aus Erkenntnissen die Angst herauszunehmen, sie nur als eventuell bedauerliche Tatsache zur Kenntnis zu nehmen. Zentral hierbei ist es, sich mit diesen Sorgen zu beschäftigen, sie zu thematisieren und ihnen dadurch den Schrecken zu nehmen.

Wie also bei den Gartner-Quadranten üblich liegt die Arbeit im Einsortieren der Objekte. Wie ich schon in meinem Artikel „Das lass mal meine Sorge sein“ beschrieben habe, sind Sorgen und Ängste sehr individuell und es obliegt jedem Einzelnen, seine Punkte in die Matrix einzutragen und anschließend mit den vorgeschlagenen Management-Maßnahmen zu bearbeiten.

[Ausblick: Im Freitagsblog mit Feingestigem diese Woche: "Ängste und Sorgen... über den Wolken"]

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