Meine Freunde Ulla und Christian wohnen schon eine Weile zusammen. Und sie haben ihre Wohnung nach einem recht speziellen Ansatz eingerichtet. Das funktioniert so, dass sie streng abwechselnd Gestaltungselemente – Möbel, Tapeten, Bodenbeläge etc. – aussuchen. Wenn Christian den Couchtisch ordert, darf Ulla das Sofa bestellen, dann ist Christian wieder mit dem Teppich dran und so weiter. Das wäre ja grundsätzlich gut, wenn die beiden nicht einen weitgehend unterschiedlichen Geschmack hätten. Und so kommt zwar eine „fair“ bestimmte Einrichtung zusammen, bei der aber die einzelnen Elemente überhaupt nicht zusammen passen. Bin ich zu Besuch, dann kann ich genau erkennen, wer hinter der einen oder der anderen Entscheidung steckt und schüttle innerlich den Kopf.
Was hier fehlt ist der rote Faden. Ergibt sich dieser durch die Verwirklichung ähnlicher Ansichten, steht einer gemeinsamen, vielleicht auch wechselseitigen Bestellung nichts im Weg. Die zweite Möglichkeit besteht darin, dass man sich grundsätzlich oder zimmerweise auf eine Person einigt, die alle Komponenten zusammenstellt. Ulla kümmert sich um das Bad, Christian richtet das Wohnzimmer ein.
Alternativ kann man eine dritte Person (Innenarchitekten) mit der Auswahl betrauen. Das ist in der Praxis gar nicht so einfach, weil sich möglicherweise beide (also Ulla und Christian) fallen lassen müssen. Der Architekt orientiert sich zwar am Geschmack der Kunden, berücksichtigt aber auch grundsätzliche Stilaspekte. Dazu kommen noch Einflüsse aktueller Trends und natürlich auch gewisse eigene Vorlieben. Das Ergebnis ist professionell und wirkt auch so auf Außenstehende.
Natürlich ist in Unternehmen klar, dass es Software-Architekten geben muss. Jeder nickt, die Führungskräfte fordern es und alle unterwerfen sich deren Ansichten. Alle? Nein, ein durchaus merklicher Teil von Ullas und Christians verwirklicht seine eigenen Ideen und merken überhaupt nicht, dass das Gesamtwerk eher ein Flickwerk als ein großes Ganzes ist. Denn dafür – ich habe es am Beispiel des Innenarchitekten für die Wohnung ausgeführt – muss sich jeder auf die Steuerung einlassen. Was nun wiederum voraussetzt einzusehen, dass nicht in jedem von uns ein kleiner Architekt steckt.
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