Stellen wir uns mal einen normalen Arbeitstag in der Notaufnahme einer Klinik vor. Da kommen ständig neue Verletzte, mal mit kleinen Blessuren, mal in lebensbedrohlichem Zustand. Dazu Rettungshubschrauber und Patienten aus Rettungswagen. An bestimmten Wochentagen sind es deutlich mehr Menschen, an anderen Tagen weniger, der Strom hängt zusätzlich von der Tageszeit ab, und auch zur Jahreszeit gibt es gewisse Abhängigkeiten.
Was für die einzelne Person ein besonderes Ereignis ist – ein Unfall meist – das ist für die Mitarbeiter in der Notaufnahme der Normalfall. Selbst sehr schlimme Fälle gehören zur Tagesordnung. Man kann nüchtern Statistiken erheben und Zahlen zu Anzahl, Schwere oder Behandlungsbedarf und –dauer zusammenstellen. Auch wenn es ein Unfall, ein Notfall ist, dann kann man dennoch geordnet und organisiert damit umgehen. Auch das Unplanbare ist planbar, mehr noch: Es muss professionell durchdacht und als Option in die geplanten Abläufe integriert werden.
Womit ich beim Kern der Überlegung bin. Denn wie oft erlebe ich, dass Organisationen sich eben nicht mit der Statistik beschäftigen, eigentlich absehbare Abweichungen vom Normalfall werden wie die große Überraschung behandelt. Vernachlässigt man die statistische Betrachtung führt dies leider zu Fehlsteuerungen, die sowohl die Mitarbeiter als auch die Kunden betreffen. Die Besetzung einer Telefonhotline muss der typischen Zahl der Kundenanfragen angepasst werden. Die Ansage „Aufgrund unerwartet hoher Anzahl von Anrufen kann es zu längeren Wartezeiten kommen“ ist entweder gelogen oder ein Ausdruck von Missmanagement.
Selbst die Stellen, die typischerweise die Behandlung von Sonderfällen übernehmen müssen, sollte man mit den Erfahrungswerten der Vergangenheit abgleichen. Wann brauchen die Anwender von Computerprogrammen meistens Hilfe, wie sieht das zeitliche Profil der Kontakthäufigkeit aus. Woraus man beispielsweise eine geschickte Organisation von Terminen unter Vermeidung der Lastphasen ableiten kann.
Es gibt viel aus Profilen zu lernen, an dieser Stelle können moderne Systeme mit Künstlicher Intelligenz (KI) nützliche Hinweise geben. Und dabei muss eben auch der vermeintliche Notfall einkalkuliert werden, denn Unfälle (oder technische Pannen) sind leider normal. Kunden diese angeblichen Unplanbarkeiten spüren zu lassen oder unter dem Vorwand der Betriebswirtschaftlichkeit zu ignorieren ist unter diesem Gesichtspunkt gar nicht notwendig.
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