Mittwoch, 26. Oktober 2022

Wanderung durch die Projektlandschaft

Wanderung durch die Projektlandschaft
Projektstart.

Heute bin ich früh aufgebrochen.

Initialisierung und Auftrag.

Der Rucksack mit Zelt, Proviant, Karte drückt mir schwer auf den Rücken.

Motivation.

Trotzdem bin ich zuversichtlich, weil ich im aufkommenden Tageslicht die schöne Bergwelt um mich sehe und die frische Luft einatme.

Zielsetzung und Ausblick.

Langsam wird es heller und in weiter Entfernung sehe ich von Zeit zu Zeit die Hütte liegen, die ich im Laufe des Tages erreichen will. Etwa auf halber Höhe liegt sie, noch einige hundert Höhemeter über mir und durch vermutlich mehrere Täler von mir getrennt.

Planung.

Während ich weitermarschiere schaue ich in die Weite, denke über die Entfernung nach, ein kurzer Gedanke an das Wetter und eventuell notwendige Zwischenstopps.

Projektumfeld.

Mein Blick schweift nach links: Auf dieser Höhe noch üppig bewachsene Wiesen. Und nach rechts: Ebenfalls Wiesen, allerdings erkenne ich in einiger Entfernung grasende Tiere.

Verdeckte / emotionale Randbedingungen.

Ich schließe kurz die Augen, nehme die Gerüche wahr, auch die Geräusche von Wind und der fernen Herde.

Aufwand und Zielerreichung.

Aber ich fühle jetzt auch die Anstrengung, den schweren Rucksack, die langsam ermüdenden Beine.

Projektfortschritt und Hindernisse.

Schnell mache ich die Augen wieder auf, sehe auf den Weg vor mir, nur gut, denn fast wäre ich gegen den Stein gestoßen, der mitten auf dem Weg liegt (woher kam der nur so plötzlich, ich hatte ihn doch vorhin nicht gesehen?).

Verdeckte Leistungen.

Jetzt, wo mein Blick nach unten auf den Weg konzentriert ist, sehe ich auch die Blumen, die den Rand des Pfades säumen. Die waren mir bislang gar nicht aufgefallen, obwohl sie fast einen Teppich bilden und so schön aussehen.

Statusbericht.

Unbemerkt habe ich mittlerweile einen guten Teil meines Weges hinter mich gebracht, auch mehrere Täler durchschritten.

Endspurt und Produktionsvorbereitung.

Zu meiner Freude taucht nun die Berghütte vor mir auf, gar nicht mehr weit, endlich. Da lasse ich es mir erst mal gut gehen und werde meine Brotzeit genießen, sobald ich sie erreicht habe.

Projektabschluss.

Geschafft! Der Rucksack ist durch einige Zwischenstopps und kleine Zwischenmalzeiten merklich leichter geworden, trotzdem bin ich froh, dass ich ihn für heute komplett absetzen kann.

Projektreview.

Erschöpft lasse ich mich auf die Bank vor der Hütte fallen, schaue aber stolz zurück auf den Weg, den ich gekommen bin und auf den fernen Startpunkt am Horizont.

Lessons learned.

Ich lasse den Tag noch einmal Revue passieren, denke beim Kauen über die Erlebnisse und Ausblicke der heutigen Tour nach.

Backup.

Das Zelt werde ich heute nicht brauchen, vielleicht auf der Etappe morgen.

Mittwoch, 19. Oktober 2022

Vor dem Spiegel

Vor dem Spiegel
Ich stehe vor dem Spiegel und betrachte meine rechte Hand. Ist sie eigentlich rechts oder links? Ich schaue an mir herunter, sie ist rechts. Aber irgendwie bin ich irritiert, da hat der Spiegel doch die Seite vertauscht. Zwinkern mit dem linken Auge bestätigt meinen Verdacht: Die Person im Spiegelbild zwinkert mit rechts. Also umgedrehte Seiten, auch wenn ich den Kopf neige, allerdings stimmen oben und unten. Woher weiß der Spiegel das nur?

Die Lösung liegt darin, dass der Spiegel nicht rechts und links, sondern vorne und hinten vertauscht. Den Effekt kennt jedes Kind, die Erklärung ist vielen Menschen unbekannt. Und das ist noch nicht einmal schlimm, am Ende ist für uns entscheidend, dass wir uns selbst betrachten können, je nach Situation die Kleidung kontrollieren oder das Make-up auftragen wollen. Wie schön, dass es Spiegel gibt, wie schön, dass sie auch ohne Kenntnis der physikalischen Grundlagen zu Diensten sind und wie schön, dass sie zuverlässig funktionieren.

Wobei gerade der letzte Punkt heutzutage eine nicht ganz selbstverständliche Eigenschaft ist. Stellen wir uns vor, der Spiegel bräuchte zwingend eine WLAN-Verbindung, müsste vor der Benutzung erst mal gebootet werden, bräuchte alle Nase lang ein Update und wäre irgendwann nicht mehr mit dem Waschbecken darunter kompatibel.

Schmunzler? Ich drehe den Spieß mal um und frage mich, warum es nicht mehr Spiegel in meinem Leben gibt. Die immer technischer werdende Landschaft mit ausgesprochen entbehrlichen Sonderfunktionen überfordert nicht nur mich zunehmend. Früher habe ich einen Lichtschalter betätigt, damit den Stromkreis geschlossen und es wurde hell. Heute ist der Lichtschalter „smart“, ich brauche zum Einschalten allerlei technisches Equipment. Heller wird es dadurch allerdings nicht.

An dieser Stelle haben wir (bislang) die Wahl, können uns für oder gegen die Sprachsteuerung mit Alexa entscheiden. Aber an vielen anderen Stellen lässt sich nicht ausweichen, ist ein moderner Fernseher ein Rechenzentrum mit Großbildschirm, was wir auch bei der Bedienung zu spüren bekommen. Womit klar wird, dass die Bedienbarkeit als Anforderung immer weiter in den Mittelpunkt geraten muss. Benutzer sind nicht nur technikaffine Nerds, intelligente Akademiker oder Wohlhabende, die sich alles einrichten lassen.

Kundenerlebnis („Customer Experience“) beginnt bei der Inbetriebnahme (Installation und erste Schritte), geht weiter über die Bedienung (Intuition) und endet noch nicht bei der Inbetriebhaltung (Wartung).

Wer zur Umsetzung dieser wichtigen Anforderungen Technikern das Heft in die Hand gibt muss sich nicht wundern, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit ganz schön viele Kunden abgehängt sind. Testläufe mit normalen, vielleicht sogar ausdrücklich etwas ungeschickten Benutzern zahlen sich ebenso aus wie der Einsatz von professionellen Designern. Gemäß dem Motto „weniger ist mehr“ empfiehlt sich oft der Verzicht auf eine weiter Sonderfunktion oder die Möglichkeit, alle Parameter über irgendwelche Menüs steuern zu können.

Zumindest von der Richtung her zeigt uns die Marke mit dem Apfel im Logo einen Ansatz, der überzeugend viele Menschen anspricht. Ich weiß zwar nicht, wie die App funktioniert und sie kann auch nur diese eine Sache für mich erledigen, aber wie sie zu bedienen ist haben selbst Kinder nach wenigen Minuten verstanden. Das ist mit Sicherheit noch nicht das Ende des Fortschritts, unsere Entwickler und Ingenieure, aber auch Designer und Tester haben ein weites Feld vor sich. Und dieses weite Feld besteht – das möchte ich noch mal betonen – nicht nur aus technischen Aspekten.

Mittwoch, 12. Oktober 2022

Auch Kurvenfahren will gelernt sein

Wer noch nie auf einem Motorrad gesessen hat, der ist sicher schon froh, wenn er bei seiner ersten Fahrt nicht herunterfällt. Von scharfen Kurvenfahrten ganz zu schweigen. Man nennt das bewusste Inkompetenz, denn man weiß natürlich, dass man in dieser Phase ganz schön vieles noch nicht hinbekommt, das zügige Durchfahren scharfer Wegbiegungen gehört dazu.

Nach ein paar Fahrstunden wandelt sich das vorsichtige Herantasten zu einer gewissen Fertigkeit, auch als bewusste Kompetenz bezeichnet: Lass die Kurve ruhig kommen, ich weiß, wie ich sie zu nehmen habe. Und nach vielen weiteren Stunden auf dem Bock geht das dann in Fleisch und Blut über, selbst überraschende Straßenverhältnisse können gemeistert werden (unbewusste Kompetenz).

Bis dahin ein recht triviales Durchlaufen der „Kompetenzstufen“. Und bis dahin auch im beruflichen Alltag im Sinne von Qualifizierung bekannt. Mit den Jahren ist man routinierter geworden, hat in allerlei Themenfeldern Erfahrungen gemacht und handelt auch im Neuland mehr oder weniger intuitiv richtig.

Auch Kurvenfahren will gelernt sein
Doch Obacht, denn an genau dieser Stelle lauert die unbewusste Inkompetenz, ausgeprägt in Selbstüberschätzung, Überheblichkeit oder zumindest Betriebsblindheit. Weil man in seinem Themenfeld (und eventuell angrenzend) alles richtig zu machen scheint, stellt man sich zu selten in Frage, nimmt die eingeschränkte Kompetenz überhaupt nicht wahr.

Das kann – um wieder zum Motorradfahren zurückzukommen – tödlich enden. Krankenhäuser kennen den signifikanten Anstieg an Verletzten im Frühjahr, wenn die letztes Jahr noch routinierten Biker ein wenig aus der Übung gekommen sind und es dann zu Unfällen kommt. Oder auch die alten Hasen, die vom Rettungsteam aus dem Graben geholt werden müssen, weil sie meinen, nach unfallfreien Jahrzehnten die Fahrphysik überwinden zu können.

Wer führt (ein Motorrad oder ein Team), der ist also gut beraten, seine Kompetenzen immer mal wieder auf den Prüfstand zu stellen. Da er selbst nur die bewussten Anteile (bewusste Inkompetenz, bewusste Kompetenz) erkennen kann, muss er – unabhängig von seiner Intelligenz oder analytischen Fähigkeit! – auch das Außenbild abfragen.

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Mittwoch, 5. Oktober 2022

Jojo-Effekt im Selbstmanagement

Jojo-Effekt im Selbstmanagement

Klar, von Diäten kennen wir das. Das Gewicht nimmt zu, mal mehr, mal weniger und dann ist irgendwann die Schmerzgrenze erreicht. Eine Diät soll jetzt richten, was wir über die letzten Wochen und Monate verzockt haben. FDH, Trennkost, Brigitte, Low-Carb und wie sie alle heißen. Eine davon spricht mich an, ich ringe mich durch und siehe da: die Pfunde purzeln. Einige Wochen später ist die Quälerei zu Ende, die Diät wird abgesetzt und wie eigentlich zu erwarten steigt das Gewicht langsam wieder an.

Jetzt zu den Persönlichkeitsentwicklungen. Irgendwas läuft unrund. Sei es, dass ich mit meiner Außenwirkung unzufrieden bin, mein inneres Team nicht in den Griff bekomme oder das Zeitmanagement mir nicht gelingen will. Nun also ein guter Kurs, von einem Kollegen empfohlen, der mein Problem beheben soll. Der Schwerpunkt ist gesetzt, die anderen Teilnehmer sind nett und der Trainer kompetent. Die plausiblen Inhalte und Anregungen nehmen mich mit, mit leuchtenden Augen kehre ich zurück zum Arbeitsplatz. Doch unter der Tagesarbeit kommt die Nachbereitung zu kurz, die Erinnerung an den Lehrgang und seine Inhalte verblassen zunehmend.

Anfängliche Veränderungen und Erfolge verpuffen mangels Fortsetzung im Alltag. Die eigentlich notwendige Anwendung, tägliche Übung und unermüdliche Beobachtung des Erfolges sind kaum in die Tagesarbeit zu integrieren. Und so kehre ich langsam wieder in meine alten Verhaltensmuster zurück, eine vielleicht erzielte vorübergehende Besserung geht verloren. Mehr noch, bei Betrachtung dieses Rückfalls wächst der Stress und die Unzufriedenheit, habe ich doch zwischendurch schon mal besser dagestanden.

Was ist ein Ansatz, um beim Abnehmen nicht sofort nach Ende der Diät wieder zu seinem alten Gewicht zurückzukommen? Die relevanten Punkte während der Diät müssen auch in die Zeit danach übernommen werden. Also weniger der reglementierte Speiseplan, nein eher die Gewohnheiten, die Auswahl der Nahrungsmittel und eine praxistaugliche Optimierung der Mahlzeiten und –mengen.

Und bei den Persönlichkeitsänderungen? Natürlich ähnliches Vorgehen, nicht nur punktuell anderes Verhalten oder andere Denkansätzen, sondern der Transfer elementar wichtiger Aspekte in den Alltag, die bruchfreie Integration in mein persönliches Leben und die dauerhafte Umgestaltung dieser Seite meiner Lebensführung.

Denn in beiden Fällen spielt es eine entscheidende Rolle, ob ich mit den neuen Ansätzen oder Änderung der alten Gewohnheiten ohne Energieaufwand und Überwindung leben kann und will. Nur so ist eine nachhaltige Umstellung möglich und damit ein notwendiges Kriterium für die Vermeidung des Jojo-Effektes erfüllt.

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