Mittwoch, 12. Oktober 2022

Auch Kurvenfahren will gelernt sein

Wer noch nie auf einem Motorrad gesessen hat, der ist sicher schon froh, wenn er bei seiner ersten Fahrt nicht herunterfällt. Von scharfen Kurvenfahrten ganz zu schweigen. Man nennt das bewusste Inkompetenz, denn man weiß natürlich, dass man in dieser Phase ganz schön vieles noch nicht hinbekommt, das zügige Durchfahren scharfer Wegbiegungen gehört dazu.

Nach ein paar Fahrstunden wandelt sich das vorsichtige Herantasten zu einer gewissen Fertigkeit, auch als bewusste Kompetenz bezeichnet: Lass die Kurve ruhig kommen, ich weiß, wie ich sie zu nehmen habe. Und nach vielen weiteren Stunden auf dem Bock geht das dann in Fleisch und Blut über, selbst überraschende Straßenverhältnisse können gemeistert werden (unbewusste Kompetenz).

Bis dahin ein recht triviales Durchlaufen der „Kompetenzstufen“. Und bis dahin auch im beruflichen Alltag im Sinne von Qualifizierung bekannt. Mit den Jahren ist man routinierter geworden, hat in allerlei Themenfeldern Erfahrungen gemacht und handelt auch im Neuland mehr oder weniger intuitiv richtig.

Auch Kurvenfahren will gelernt sein
Doch Obacht, denn an genau dieser Stelle lauert die unbewusste Inkompetenz, ausgeprägt in Selbstüberschätzung, Überheblichkeit oder zumindest Betriebsblindheit. Weil man in seinem Themenfeld (und eventuell angrenzend) alles richtig zu machen scheint, stellt man sich zu selten in Frage, nimmt die eingeschränkte Kompetenz überhaupt nicht wahr.

Das kann – um wieder zum Motorradfahren zurückzukommen – tödlich enden. Krankenhäuser kennen den signifikanten Anstieg an Verletzten im Frühjahr, wenn die letztes Jahr noch routinierten Biker ein wenig aus der Übung gekommen sind und es dann zu Unfällen kommt. Oder auch die alten Hasen, die vom Rettungsteam aus dem Graben geholt werden müssen, weil sie meinen, nach unfallfreien Jahrzehnten die Fahrphysik überwinden zu können.

Wer führt (ein Motorrad oder ein Team), der ist also gut beraten, seine Kompetenzen immer mal wieder auf den Prüfstand zu stellen. Da er selbst nur die bewussten Anteile (bewusste Inkompetenz, bewusste Kompetenz) erkennen kann, muss er – unabhängig von seiner Intelligenz oder analytischen Fähigkeit! – auch das Außenbild abfragen.

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