Als Grundschüler habe ich mich mit dem Organisieren und
Ordnen von Informationen beschäftigt. Aus farbiger Pappe habe ich allerlei
Formen ausgeschnitten und jede dieser Pappschnitzel stand dann stellvertretend
für eine Sache. Die Papierstücke ließen sich mischen, ordnen, anders anordnen
und ich konnte damit spielen, Reihen und Ketten bilden, sortieren und
gruppieren. Was ich dann im Laufe der nächsten Jahre kennenlernte, war stets
strukturiert und baute aufeinander auf. Ob nun mathematische Formeln, chemische
Gleichungen, Vokabeln oder Erdkunde: Alle erlernten Inhalte hingen (zumindest
in ihrem Fach) in irgendeiner Form miteinander zusammen.
Und dann kam das Internet. Irgendwo auf der Welt veröffentlichte jemand einen Text, stellte ein Foto dazu oder verwies auf einen anderen Artikel in weiter Ferne. Keinerlei Struktur, einfach nur ein riesiger Haufen von HTML-Seiten, Bilddateien, Links, Grafiken und so weiter. Kein Inhaltsverzeichnis, kein Gesamtansatz, kein Standard. Wie sollte man in diesem Durcheinander gezielt an Informationen kommen?
Entsprechend war es eine dem System inhärente Bedingung, diesen Datenpool durch eine Suche durchstöbern zu können. Denkt man sich Suchmaschinen wie Google weg, dann ist das Internet – trotz seiner Vielfalt – komplett unbrauchbar. Ich könnte noch nicht einmal nach der Öffnungszeit der örtlichen Pizzeria schauen, da ich die Internetadresse (IP-Adresse) gar nicht erraten könnte. Der Nutzen dieses umfangreichen Angebotes hängt also stark von einer brauchbaren Suche ab. Wie soll ich etwas finden in einem riesigen Lager, das praktisch ohne nennenswerte Struktur angelegt ist und ständig geändert, erweitert und umgebaut wird?
Wenn aber diese Suche so eklatant wichtig ist, dann ist sie natürlich auch ein zentrales Steuerungsinstrument. Wer was findet, in welcher Reihenfolge die Sucherergebnisse ausgegeben werden, ist nicht nur für Werbetreibende und Anbieter von Bedeutung. Auch als Benutzer bin ich davon abhängig, was ein ausgefuchster Algorithmus für mich zusammenstellt. Wie sich das Ranking der Ergebnisse ergibt, das hängt im Wesentlichen von mir unbekannten Faktoren ab.
Und an dieser Stelle muss man den Glauben an die Neutralität der Informationsbeschaffung beerdigen. Selbst wenn man von bezahlten Werbeeinblendungen oder gesponserten Links absieht, ist es schlichtweg und per constructionem ausgeschlossen, ein unverfälschtes Bild zu erhalten. Da hilft am Ende doch nur die eigene (intellektuelle) Suchergebnisoptimierung verbunden mit einer ausgewachsenen Skepsis gegenüber den plakativen Behauptungen, die man in den Untiefen der Data Lakes findet.
[Andere Blogs: Dienstliche Glossen, Feingeistiges]
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen