Es ist Mittwoch. Allwöchentliches Wartungs-Ritual.
„Ding-Dong“ die Haustürklingel. Es ist noch früher Morgen,
ich schlurfe zur Tür: „Ja, bitte?“
Vor dem Eingang steht ein junger Mann, vielleicht Ende
Dreißig, Schildmütze auf dem Kopf, gepflegte Monteurkleidung. „Ich komme zur
Wartung Ihres Hauses.“ Ich schaue ihn prüfend an: „Wer schickt Sie?“, knurre
ich.
„Ihre Versicherung.“ Und dann nach einer Pause: „Ich
kontrolliere den Wohnzustand und die technische Ausstattung.“ – „Aha. Und das
heute Morgen?“ Ich bin noch ein wenig verschlafen und habe überhaupt keine Lust
auf den ungeplanten Besuch.
„Darf ich reinkommen?“ – „Also, ehrlich gesagt passt es mir
jetzt gerade gar nicht. Ich will jetzt frühstücken und danach an den Computer.“
„Kein Problem“, strahlt mich der junge Mann an, „dann komme ich einfach morgen
wieder. Oder übermorgen.“
Mir wird klar, dass ich ihn nicht loswerde, schlimmer noch,
er wird so lange bei mir klingeln, bis er seine Arbeit gemacht hat. „Also gut,
kommen Sie rein“ höre ich mich sagen und schon hat er seinen bis dahin
unsichtbaren Koffer unter dem Arm und stürmt an mir vorbei in den Flur. Mit
sicherem Schritt geht er auf den Sicherungskasten zu und öffnet das Türchen.
„Sie können gerne frühstücken und an den Computer, ich
arbeite gerade meine Checkliste ab und dann bin ich auch schon wieder weg. Wenn
ich was brauche sage ich Bescheid.“ Das hört sich in der Tat ganz gut an, meine
Laune verbessert sich ein wenig und ich setze mich in Richtung Küche in
Bewegung. „Oh, halt, noch eins: Zur Leitungsprüfung der Dreiphasenleitung muss
ich kurz den Strom für die Küche abschalten.“ Das bedeutet, dass ich erst mal
keinen Kaffee kochen kann, meine Laune verschlechtert sich wieder.
„Ist ok“, raune ich, „dann mache ich später den Kaffee, ach
was, das ganze Frühstück verschiebe ich erst mal. Sagen Sie Bescheid, wenn sie
fertig sind.“ Statt in die Küche laufe ich jetzt in mein Arbeitszimmer, setze
mich an den Schreibtisch und starte den Computer. Die Programme erscheinen nach
und nach auf dem Bildschirm, ich beginne mit der Sichtung der E-Mails. „Hallo“,
höre ich eine Stimme hinter mir, „hallo, die Küche ist jetzt fertig, als
nächstes würde ich mir das Büro vornehmen. Können Sie vielleicht gerade noch
mal den Computer herunterfahren.“
Einerseits gut, dann kann ich meinen Kaffee machen,
andererseits schlecht, denn ich hatte gerade mit einer Bearbeitung angefangen.
„Also gut, ja, dann machen Sie. Können Sie nicht erst mal einen anderen Teil
Ihrer Checkliste abhaken?“ – „Doch, doch, natürlich. Dann gehe ich erst mal die
Fenstersicherungen durch. Können Sie mir die Schlüssel geben?“.
Pest oder Cholera. Ob ich meine dienstliche Mailbearbeitung
wegen der Stromabschaltung unterbreche, oder weil ich die Schlüssel für die
Fenstergriffe suchen muss. „Was brauchen Sie denn noch“, will ich missmutig
wissen. „Gar nichts, nur die Schlüssel für die Oliven. Eventuell später noch
mal Daten für das Codeschloss an der Haustür. Das ergibt sich bei der Kontrolle
der Smart Home Komponenten.“
Ich seufze. „Gut, gut, dann fahre ich jetzt den PC herunter,
Sie können die Leitung prüfen und währenddessen suche ich nach den Schlüsseln
für die Fenster und Terrassentüren.“ – „Sehr gerne“ flötet mein unerträglich
gut gelaunter Gast.
Eine knappe Stunde später hat er alles durchgecheckt, ich
bin ihm mehr oder weniger unfreiwillig die ganze Zeit zur Hand gegangen und
habe weder gefrühstückt noch gearbeitet. Meine Laune bessert sich erst, als er
sich mit einem fröhlichen Lied auf den Lippen verabschiedet. Noch auf dem Weg zur
Tür verspricht er, dass er nächste Woche wiederkommt, eine Differenzprüfung
durchführt und an der einen oder anderen Stelle noch Wartungsarbeiten –
voraussichtlich an der Kaltwasserversorgung - durchführen muss.
Uff, er ist weg, jetzt aber schnell in die Küche oder zuerst
den Computer wieder hochfahren, die Schlüssel von den Fenstern abziehen und in
den eigentlichen Arbeitstag starten. Soweit der Plan, dann jetzt sehe ich, dass er
die Fenstergriffe getauscht hat. Die neuen Griffe sind ganz anders zu bedienen,
die Schlüssel passen natürlich nicht mehr. Oder genau genommen passen sie noch,
aber nur bei den Terrassentüren, denn an denen hat er nur die Griffe, aber
nicht die Schlösser getauscht. Die schöne Schließanlage ist damit in zwei nicht
zueinander passende Teile aufgeteilt. Zukünftig muss ich für die Fenster die
neuen Schlüssel, für die Türen die alten Schlüssel nehmen.