Mittwoch, 28. Februar 2024

Routenplanung für Projekte

Fahrertür auf, einsteigen, Motor starten. Und wo soll die Reise diesmal hingehen? Ich bin in einem kleinen Ort im Taunus und möchte gerne zu einem Ort in der Nähe von Fulda. Grundsätzlich kein Problem, aber die optimale Route ist doch einen Gedanken wert.

Würde ich zu Fuß nach Eiterfeld gehen, könnte ich den direkten Weg nehmen. Über Stock und Stein, mal abgesehen von irgendwelchen Hindernissen im Wesentlichen immer geradeaus. Das ist nicht gerade meine bevorzugte Fortbewegung, 129 km wären zu bewältigen, da wäre ich ohne Pause wohl mehr als einen ganzen Tag unterwegs.

Alternativ könnte ich diese Route wählen, allerdings mit einem Panzer zurücklegen. Der schert sich nicht um Hindernisse, ähnlich wie der Fußmarsch immer geradeaus, nur viel schneller. So zwischen zwei und drei Stunden Tour, aber eine Schneise der Verwüstung hinterlassend.

Oder ein Flugzeug. Das könnte auch den direkten Weg wählen, aber am Boden würde nichts kaputt gehen. Reisezeit nur noch knapp eine Stunde. Aber wer hat schon ein Flugzeug.

Also doch mit dem Auto. Ich muss einen recht großen Bogen fahren, weil ich die vorhandenen Straßen nutzen muss, querfeldein geht natürlich nicht. Hierdurch komme ich auf 190 km und brauche wieder rund zwei Stunden wie bei der Panzerfahrt, habe aber nichts kaputtgemacht.

Schließlich und am aufwändigsten wäre der Bau einer neuen Autotrasse für den Weg von A nach B. Das könnte sich sogar lohnen, wenn es genügend andere Interessenten für diesen Weg gäbe, ich die notwendige Vorlaufzeit akzeptiere und sich der neue Autoweg gut in das Verkehrswegenetz integrieren ließe.

Routenplanung für Projekte

Nun möchte ich den Blick auf Projektplanung werfen, also die Organisation und Planung von individuellen und einmaligen Vorgängen, bei denen ich wie bei dem Ortswechsel eine Ausgangsposition und eine Zielposition habe.

Und da fällt mir auf, dass manche Projektleiter agieren wie Fußgänger oder Panzer oder der Meinung sind, dass sie ein Flugzeug hätten. Oder erst den Weg asphaltieren, den sie dann aber nur ein einziges Mal befahren.

Eine viel bessere Alternative ist die Nutzung der bereits bestehenden Möglichkeiten. Das mag im Einzelfall komplizierter erscheinen, hat aber den Charme eines etablierten Verkehrswegenetzes. Ich nutze hierfür in meinem Projekt die vorhandenen Prozesse, nur dass ich sie individuell für meine Bedarfe anpasse und – das ist das Ungewohnte – Umwege bewusst in Kauf nehme.

Die gewünschte Datenleitung existiert nicht: Dann route ich meine Daten erst mal über die bestehenden Leitungen, möglicherweise mit Zwischenstationen. Die angepeilte Organisationsstruktur ist nicht vorhanden: Dann nutze ich die bestehenden Organisationseinheiten, passe die Aufgaben an und ziehe die endgültigen Änderungen bei Bedarf später nach. Oder ich nutze eingeführte Software für meine Zwecke, auch wenn die Anforderungen von ihr nicht vollumfänglich abgedeckt werden.

Manchmal spricht man davon, dass man „um die Ecke denken“ müsse. Das ist ein schönes Bild, das eben auch für Projektplanung zutrifft. Den direkten Weg zu gehen und ungeachtet der aktuellen Randbedingungen zu planen entspricht in Etwa der Panzerfahrt. Recht schnell am Ziel, aber mit vielen Kollateralschäden. Um das zu vermeiden kann man sein Projekt tatsächlich mal als Landkarte darstellen, die betroffenen Prozesse, Tools, Datenströme und Ressourcen aufmalen und dann im Sinne einer Navigationssoftware die kürzeste oder wirtschaftlichste Route zwischen die Anfangs- und Endpunkten bestimmen.

Mittwoch, 21. Februar 2024

Betriebswirte fordern Gedichte

Absolut zu Recht sind Betriebswirte Fans von funktionierenden Abläufen, wenn es geht sollen sie auch noch mit geringstmöglichem Aufwand sichergestellt werden. Überflüssige Arbeit soll identifiziert und auf ein Minimum reduziert werden. Was für die Produktion unbedingt erforderlich ist, sollte ohne Schnörkel daherkommen. Minimaler Einsatz, maximaler Effekt.
Betriebswirte fordern Gedichte
Da denke ich spontan an Gedichte. Diese hochkomprimierte Form der Darstellung kennt auch keine Schnörkel, überflüssige Beschreibungen werden einfach weggelassen. Sie sind die kürzest mögliche Abfolge von Aussagen, der Kit zwischen den Versen wird vom Kopf des Lesers ergänzt. Werden in Romanen manche Szenen ausführlich beschrieben, reichen hier wenige Zeilen, um ein vergleichbares Bild zu erzeugen.

Manchmal wünsche ich mir, dass Kommunikation in Unternehmen auch diesem Grundsatz nachkäme. Weniger Worte; die aber mit Bedacht gewählt. Der Leser soll mitdenken, aber er wird nicht mit langatmigen Vorgeschichten und längst verworfenen Alternativlösungen gelangweilt. Vielmehr vermittelt der Autor die gewünschte Botschaft in dürren Worten, die er vielleicht sogar in Reimform bringt – das prägt sich ein.

Mittwoch, 14. Februar 2024

Künstliche Intelligenz ist unter uns

Künstliche Intelligenz ist unter uns

Ob wir nun aufmerksam durch die Welt laufen oder ein wenig verträumt vor uns hinleben: Sofern wir nicht in stiller Meditation im Kloster oder auf einer nicht erschlossenen Insel sind, werden wir von den Auswirkungen Künstlicher Intelligenz umgeben. Das beginnt bei eher offensichtlichen Aspekten wie klugen Suchmaschinen im Internet, geht in personalisierter Werbung und Produktempfehlungen weiter und äußert sich auch für Computer-averse Zeitgenossen in der Produktpräsentation im Ladenlokal.

Die Künstliche Intelligenz ist also allgegenwärtig und sie kann alles. „Wir fliegen zum Mond“ habe ich noch im Ohr, das war Ende der 1960er Jahre, morgen der Mond, übermorgen das Weltall. Aber wir sind nicht zum Mond geflogen, höchstens ein paar Astronauten haben die lange Reise nach intensiver Vorbereitung auf sich genommen. Die allermeisten Menschen haben den Erdboden nicht verlassen. Und die Sache mit dem Weltall haben wir auch nicht so ganz gelöst.

Aber das neue Thema ist bei uns angekommen. Es ist keine Science Fiction, es ist auch kein elitäres Ding und man muss auch keine besonderen körperlichen oder geistigen Fähigkeiten haben, um die immer klüger werdenden Computer zu nutzen. Sie sind unter uns und es gibt Stimmen, die sagen, dass sie sogar über uns sind. Sie sind schlauer, sie sind schneller, haben das Wissen der ganzen Welt in ihrem Bauch und setzen sich über alle Sprachgrenzen hinweg.

Wer KI nutzt hat sozusagen ein zweites Gehirn, das ihm die Denkarbeit abnimmt. Euphorisch stehen die Vordenker vor mir, entwerfen das Bild einer neuen Welt mit einfühlsamen Computern und bildermalenden Robotern. Soweit mögen sie Recht haben, allein die heute schon automatisch erstellten Texte, Bilder und Video können selbst Fachleute beeindrucken. Eine als Kreativität verstandene Erstellung von Werken nach gewissen Regeln und Vorgaben schlägt jeden noch so gelehrigen menschlichen Schüler.

Doch es gibt eine immanente Grenze, die bei diesem Thema übersehen wird. Im Begriff der KI steckt vor der Intelligenz auch die Künstlichkeit, womit unter anderem ein Bezug zu digitalen Daten hergestellt wird. Anders ausgedrückt können sich Computer nur in Bereichen austoben, die der Digitalisierung zugänglich sind. Und dieser in der Praxis auch zugeführt werden. Handgeschriebene Aufstellungen in tief verborgenen Kirchenarchiven werden vermutlich niemals in elektronische Form überführt. Allein schon dieses Wissen geht also in der allgemeinen Zukunftsbegeisterung unter.

Neben dieser sozusagen systembedingten Unwissenheit ist auch eine gewisse Unberechenbarkeit zu berücksichtigen. Wobei das Wort Unberechenbarkeit ja bereits klar macht, dass Algorithmen hier nicht greifen können. Warum mir an einem Tag Mozart näher ist als ACDC, am anderen Tag aber genau andersherum, dass kann weder die Amazon-Verkaufsberatung noch ein hochgezüchteter GPT verlässlich einschätzen. Auch an dieser Stelle sind die neuen Ansätze eine phantastische Ergänzung, aber kein Ersatz für lebende Menschen.

Letzter noch bemerkenswerter Punkt ist die Individualität. Das Training künstlicher Intelligenz basiert auf großen Datenbergen, auf statistisch wahrscheinlichem Verhalten. Das Hochziehen von Mundwinkeln wird im Normalfall als Lächeln und damit Mimik der Freundlichkeit verstanden, kann aber im Einzelfall auch zu einer verzerrten Grimasse mit ganz anderer Aussage gehören.
Eine industrielle Produktionsstraße erstellt ein bestimmtes Werk, vielleicht mit ein paar optionalen Eigenheiten. Die Herstellung eines individuell angepassten Objektes ist nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich. Hier trifft sozusagen der Maßanzug auf die Konfektionsware von der Stange.

Zusammenfassen kann man feststellen, dass wir bereits heute und zunehmend immer mehr Elemente der Künstlichen Intelligenz im Alltag haben. Sie ergänzen, helfen und erleichtern viele mehr oder weniger lästige bzw. schwierige Situation zu meistern. Aber wie bei allen Hilfsmitteln dürfen wir nicht die Begrenzung aus den Augen verlieren oder anders formuliert: KI ist nicht über, sondern unter uns.

Dienstag, 6. Februar 2024

Schach, Schach oder Schach

Bei dem Stichwort Schachspiel denke ich an zwei hochkonzentrierte Personen, angespannt im Sitz hockend und zwischen ihnen ein Brett mit Spielfiguren. Strategisches Denken ist gefragt, welchen Zug kann und wird der Gegner im nächsten Moment machen, wie pariert man diesen?

Doch das ist nur eine Sicht der Dinge, tatsächlich kann man Schach in drei verschiedene Formen unterteilen. Verbindendes Element sind lediglich die Spielregeln, genau genommen die erlaubten Züge der verschiedenen Figuren.

Schach Schach oder Schach

A. Regelschach - Da ist zunächst einmal der ursprüngliche, jungfräuliche Antritt. Zwei Spieler kennen die Spielregeln, schauen gebannt auf das Spielbrett, die Aufstellung der Figuren. Im Kopf gehen sie die verschiedenen Spielmöglichkeiten durch, bewerten die Wahrscheinlichkeit, gleichen sie mit ihrer eigenen Strategie ab, machen sich über die Reaktion des Gegners Gedanken und versuchen dieses Gedankenkonstrukt für mehrere potentielle Spielzüge zu erstellen.

Für diese Form des Schachspiels benötigen die Spieler ein hohes Maß an strategischem Denken. Dann müssen sie in der Lage sein, verschiedene Optionen im Kopf zu planen, die möglichen Gegenzüge zu ermitteln und zu bewerten. Aus diesen verzweigten Möglichkeiten müssen die erfolgversprechenden Spielzüge ausgewählt werden. Welcher Zug am Ende umgesetzt wird, ist außerdem eine Frage der eigenen Strategie und der vermuteten Strategie des gegnerischen Spielers.

B. Stellungsschach – Alternativ kann man sich an erfolgreichen Spielen (anderer Spieler) orientieren. Die Spieler kennen möglichst viele Aufstellungen und deren optimale Weiterentwicklung. Es ist nicht notwendig, selbst eine Strategie zu haben oder die Strategie des Gegners zu erraten. Nächste Spielzüge im Kopf zu modellieren oder denkbare Züge des Gegners zu berücksichtigen ist nicht notwendig.

Hier braucht man also ein möglichst gutes Gedächtnis, muss sich schon mit Schachspielen beschäftigt und im Idealfall eine große Zahl Partien von Schachmeistern abrufbar haben. Je mehr Schachstellungen man kennt, umso leichter fällt es, die aktuelle Situation mit dem Vorwissen abzugleichen und perfekt darauf reagieren zu können. 

C. Fernschach – Im Grunde ist es bei dieser Variante eher nebensächlich, dass es um Schach geht. Vielmehr dreht sich alles um Datenbanken, deren möglichst schnell und vollständig abrufbares Wissen und einen ausgeklügelten Algorithmus, um die Züge des entfernten Partners zu kontern.

Computerwissen ist absolute Grundlage, geschickter Zugriff auf Datenbanken mit Schachstellungen und die Interpolation zwischen verschiedenen Lösungsmöglichkeiten sind Basis für erfolgreiche Partien. Der Spieler benötigt gute Hardware, ein hohes Maß an technischem Verständnis, aber keinerlei Kenntnisse über das Spiel als solches, den Gegner oder dessen Strategie.

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Ein Spiel, drei Varianten wie man sich damit beschäftigen kann. Und jede dieser Varianten hat nicht nur ihre Daseinsberechtigung, auch die dahinter stehenden Personen sind bei Tätigkeiten jenseits des Schachbrettes in ihrer jeweiligen Kernkompetenz gut einsetzbar. Die Grübler und Szenario-Denker vom Typ A sind bei Geschäftsentscheidungen genauso unentbehrlich wie die mit allen Wassern gewaschenen Abgucker Typ B. Und ebenso braucht man gute Implementierer, denen das eigentliche Thema völlig egal ist und die nur abstrakt in ihren technischen Sphären denken.