Mittwoch, 14. Februar 2024

Künstliche Intelligenz ist unter uns

Künstliche Intelligenz ist unter uns

Ob wir nun aufmerksam durch die Welt laufen oder ein wenig verträumt vor uns hinleben: Sofern wir nicht in stiller Meditation im Kloster oder auf einer nicht erschlossenen Insel sind, werden wir von den Auswirkungen Künstlicher Intelligenz umgeben. Das beginnt bei eher offensichtlichen Aspekten wie klugen Suchmaschinen im Internet, geht in personalisierter Werbung und Produktempfehlungen weiter und äußert sich auch für Computer-averse Zeitgenossen in der Produktpräsentation im Ladenlokal.

Die Künstliche Intelligenz ist also allgegenwärtig und sie kann alles. „Wir fliegen zum Mond“ habe ich noch im Ohr, das war Ende der 1960er Jahre, morgen der Mond, übermorgen das Weltall. Aber wir sind nicht zum Mond geflogen, höchstens ein paar Astronauten haben die lange Reise nach intensiver Vorbereitung auf sich genommen. Die allermeisten Menschen haben den Erdboden nicht verlassen. Und die Sache mit dem Weltall haben wir auch nicht so ganz gelöst.

Aber das neue Thema ist bei uns angekommen. Es ist keine Science Fiction, es ist auch kein elitäres Ding und man muss auch keine besonderen körperlichen oder geistigen Fähigkeiten haben, um die immer klüger werdenden Computer zu nutzen. Sie sind unter uns und es gibt Stimmen, die sagen, dass sie sogar über uns sind. Sie sind schlauer, sie sind schneller, haben das Wissen der ganzen Welt in ihrem Bauch und setzen sich über alle Sprachgrenzen hinweg.

Wer KI nutzt hat sozusagen ein zweites Gehirn, das ihm die Denkarbeit abnimmt. Euphorisch stehen die Vordenker vor mir, entwerfen das Bild einer neuen Welt mit einfühlsamen Computern und bildermalenden Robotern. Soweit mögen sie Recht haben, allein die heute schon automatisch erstellten Texte, Bilder und Video können selbst Fachleute beeindrucken. Eine als Kreativität verstandene Erstellung von Werken nach gewissen Regeln und Vorgaben schlägt jeden noch so gelehrigen menschlichen Schüler.

Doch es gibt eine immanente Grenze, die bei diesem Thema übersehen wird. Im Begriff der KI steckt vor der Intelligenz auch die Künstlichkeit, womit unter anderem ein Bezug zu digitalen Daten hergestellt wird. Anders ausgedrückt können sich Computer nur in Bereichen austoben, die der Digitalisierung zugänglich sind. Und dieser in der Praxis auch zugeführt werden. Handgeschriebene Aufstellungen in tief verborgenen Kirchenarchiven werden vermutlich niemals in elektronische Form überführt. Allein schon dieses Wissen geht also in der allgemeinen Zukunftsbegeisterung unter.

Neben dieser sozusagen systembedingten Unwissenheit ist auch eine gewisse Unberechenbarkeit zu berücksichtigen. Wobei das Wort Unberechenbarkeit ja bereits klar macht, dass Algorithmen hier nicht greifen können. Warum mir an einem Tag Mozart näher ist als ACDC, am anderen Tag aber genau andersherum, dass kann weder die Amazon-Verkaufsberatung noch ein hochgezüchteter GPT verlässlich einschätzen. Auch an dieser Stelle sind die neuen Ansätze eine phantastische Ergänzung, aber kein Ersatz für lebende Menschen.

Letzter noch bemerkenswerter Punkt ist die Individualität. Das Training künstlicher Intelligenz basiert auf großen Datenbergen, auf statistisch wahrscheinlichem Verhalten. Das Hochziehen von Mundwinkeln wird im Normalfall als Lächeln und damit Mimik der Freundlichkeit verstanden, kann aber im Einzelfall auch zu einer verzerrten Grimasse mit ganz anderer Aussage gehören.
Eine industrielle Produktionsstraße erstellt ein bestimmtes Werk, vielleicht mit ein paar optionalen Eigenheiten. Die Herstellung eines individuell angepassten Objektes ist nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich. Hier trifft sozusagen der Maßanzug auf die Konfektionsware von der Stange.

Zusammenfassen kann man feststellen, dass wir bereits heute und zunehmend immer mehr Elemente der Künstlichen Intelligenz im Alltag haben. Sie ergänzen, helfen und erleichtern viele mehr oder weniger lästige bzw. schwierige Situation zu meistern. Aber wie bei allen Hilfsmitteln dürfen wir nicht die Begrenzung aus den Augen verlieren oder anders formuliert: KI ist nicht über, sondern unter uns.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen