Freitag, 10. Januar 2020

Einfach wahr (Teil 2: Et respice finem)

Es ist höchst ratsam, bei allen Entscheidungen nicht nur den aktuellen Stand, sondern auch die zukünftige Entwicklung zu berücksichtigen.
In der Gesta Romanorum kann man diese Empfehlung nachlesen: "quidquid agis, prudenter agas et respice finem" (Dt.: Was auch immer Du tust, handle vorausschauend, und denk an die Folgen.).

Das ist von durchaus praktischer und zeitloser Relevanz. Ein paar Beispiele:
  1. Persönliche Beziehungen
    Wie ein Onkel von mir mal sagte: "Kinder, macht euch Freunde... Feinde bekommt ihr von alleine". Ein (verärgerter) Zeitgenosse ist kein Einzelsubjekt, sondern Teil eines gesellschaftlichen Systems mit mannigfaltigen Beziehungen.
  2. Dienstleistungen
    Auch Dienstleistungen oder Geschäftsverbindungen sind diesem Grundsatz zu unterziehen. Jeder Vertriebler weiß, dass ein zufriedener Kunde nachhaltig wertvoll ist. Zum Einen im Sinne von Mundpropaganda, zum Anderen im Sinne von erneutem Auftrag. Wer einen Kunden verliert, verliert meist noch mehr - vorausschauendes Handeln (siehe oben) ist also angebracht.
  3. Produktion
    Bei der Konstruktion und der Auswahl der verwendeten Materialien sollte man bereits an Wiederverwendung oder Recycling denken.
  4. Software / Computerprogramme
    Weniger nahe liegend und deshalb oft missachtet ist dieser Ansatz auch bei der Erstellung, Wartung, Installation und Inbetriebnahme von Computerprogrammen eklatant wichtig. Es zahlt sich am Ende der Gebrauchszeit aus, wenn schon zu Anfang Themen wie Rückbau, Migration auf Folgesysteme, Archivierung, modulare Weiterverwendung nach Abschaltung etc. berücksichtigt wurden.
  5. Architektur
    Egal, ob man Gegenstände betrachtet oder Prozesse bzw. Computerprogramme. In allen Fällen ist der Aspekt der Wiederverwendbarkeit relevant. Die Autoindustrie nutzt eine "Plattformstrategie", Prozesse werden idealerweise mit Modifikationsmöglichkeiten versehen und Computerprogramme so geschrieben, dass Module mehrfach oder gar universell (z. B. Treiber) verwendet werden können.
Abschließend noch ein (sprachlich implizierter) Hinweis. Die Verwendung des Begriffs "respicere" (also "nochmals anschauen", aber auch "zurückblicken") betont, dass es sich um eine Betrachtung handelt. Auch der oft bemühte Aufruf zum Perspektivenwechsel bei Entscheidungsfindungen ist in diesem einen Wort bereits enthalten.

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