Mittwoch, 29. September 2021

Dreiecke sind unmenschlich

Historische Städte bestehen aus einem Altstadt-Kern und darum eine konzentrische Umfassung. Ein Ring, der den innersten Teil umschließt, oft in Mauerform mit Toren und einer innenliegenden Straße. Der Nachteil solcher Konstruktionen ist die Schwierigkeit, einen Anfang zu definieren. Zwar kann man sagen, dass man an der Stadtmauer wohnt, aber „das dritte Haus auf der linken Seite“ ist keine geeignete Beschreibung.

In amerikanischen Großstädten kann man sich einen anderen Entwurf anschauen. Hier sind die Straßen auf dem Reißbrett entstanden, rechtwinklig zueinander ausgerichtet und schlicht durchnummeriert. Je nach Häusergröße und Straßendichte reicht dann als Koordinatenangabe „zwölfte Straße Nord Ecke siebte Straße West“.

Was ich bislang nicht erlebt habe, ist ein dreieckiger Aufbau der Stadtarchitektur. Aber im Hochbau habe ich es gerade kennengelernt, ich war in einem Gebäude mit dreieckigem Grundriss. Und ich kann berichten, dass es sehr gewöhnungsbedürftig war. Selbst nach Tagen fiel es mir immer noch schwer, den richtigen Schenkel des Dreiecks anzusteuern. Das Dreieck gaukelte mir die simple Navigation der viereckigen Konstruktion vor, war aber in Wirklichkeit nur ein Ring mit drei scharfen Biegungen.

Im Alltag – und gerade bei der Bedienung von Computerprogrammen – geht es mir ähnlich. Da gibt es diese in die Jahre gekommenen Programme, in denen die Orientierung schwer fällt. Aber man hat sich irgendwann dran gewöhnt. Auf der anderen Seite weitgehend intuitiv bedienbare Software, in der sich auch ein Anfänger nach kurzer Einarbeitung gut zu Recht findet.

Ganz tückisch aber sind die Apps, die harmlos daherkommen, die auf den ersten Blick strukturiert wirken, aber eigentlich so wirr zu bedienen sind wie ihre Urväter vor Jahrzehnten. Man sitzt davor und drückt nach bestem Wissen irgendwelche Knöpfe, nur um dann festzustellen, dass man in die falschen Menüs abgebogen ist.

Ist die Architektur nun mal so (analog dem dreieckigen Grundriss), dann kann man auch nicht viel daran optimieren. Entsprechend wird zwar auf die Kritik der Anwender eingegangen, aber selbst umfangreiche Überarbeitungen bringen eher noch mehr Verwirrung als grundsätzliche Verbesserung. Einzig kompletter Neuaufbau, eventuell Modularisierung und Zerlegung in Teile (Apps) sind erfolgversprechende Ansätze.

[Das Bild zeigt übrigens eine Deckenleuchte, genau von unten fotografiert. In der Mitte der Leuchtkörper, links ein mitbeleuchteter Feuermelder.]
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