An manchen Tagen komme ich mir vor wie das klassische
Bandlaufwerk eines Anrufbeantworters. Unzählige Menschen rufen mich an,
schreiben mir E-Mails und Chatnachrichten, erläutern mir etwas in einer
Präsentationsrunde. Alles prasselt auf mich ein, wie soll ich mir das denn
alles merken?
Verlässliche Zahlen zum Anstieg der Informationsmenge gibt es nicht; Nicht belegte Daten und schwierig zu widerlegende Behauptungen werden kolportiert. Gehen wir mal von 6.000 Informationen aus, die wir täglich präsentiert bekommen. Diese müssen von unserem Gehirn gefiltert, in Zusammenhang gebracht (d. h. logisch einsortiert) und bei Bedarf weiterverarbeitet oder gespeichert werden. Eine Mammut-Aufgabe.
Welche Mechanismen könnte man nutzen, um diese Flut in den Griff zu bekommen.
(1) Man
kann direkt an der Quelle ansetzen. Soweit man es beeinflussen kann, einfach
mal auf Informationen verzichten. Das ausgiebige Stöbern in sozialen Netzen ist
zwar gelegentlich reizvoll, die nützlichen Informationen aber meist sehr
überschaubar.
(2) Neben
dem Nachfolger der Regenbogenpresse sind es auch auf den ersten Blick bildende
Angebote, deren Nutzung man in Frage stellen sollte. Ich erinnere mich an
Sendungen des WDR Mittagsmagazins, in denen über Stunden hinweg die
Tischordnung einer Diplomatensitzung kommentiert wurde.
(3) Ebenso
kritisch sollte man mit Informationen umgehen, die bestenfalls in
Spezialsituationen einen Mehrwert bieten. Sie gehören in meine Rubrik „Lexikon
des unnützen Wissens“
(4) Bei
den unvermeidlich einlaufenden Informationen (z. B. im Rahmen der
Arbeitstätigkeit) wird es schon schwieriger. Anders als die öffentlich
verteilten Nachrichten (Broadcast) kann man aber normalerweise den Absender
identifizieren. Also hier ansetzen und geduldig darauf dringen, dass nur die
wirklich betroffenen Personen adressiert werden. Das ist eine Arbeit, die
langen Atem erfordert, sich aber lohnt.
(5) Was
nun noch übrig bleibt wird wie beim Juristen im ersten Semester mit der Frage
konfrontiert: „Bin ich zuständig“? Bei Verneinung kann man seinem Gehirn die
weitere Beschäftigung ersparen.
(6) Bleiben
wir beim Juristen. Zweite Frage im ersten Semester: „Ist das zulässig?“ Wenn
nicht, dann ebenfalls weg damit.
(7) Jetzt
kommen wir zum merk-würdigen Anteil. Erleichterung schafft die Einordnung in
bekannte Zusammenhänge, Kombination mit Vorhandenem. Gibt es ein Bild, das den
Sachverhalt darstellt, (handschriftliche) Notizen dazu, einen (elektrischen)
Ordner, in dem alles zu einem Thema sammeln kann. Sehr schwieriges Feld, da man
die technischen Randbedingungen beachten und die Arbeitsmethoden der Kollegen
berücksichtigen muss.
Unser Gehirn kann bis zur physiologischen Grenze erhebliche Mengen an Informationen verarbeiten und speichern. Um sich vor Überlastung zu schützen ist es mit einem Filter, dem Thalamus versehen. (Technisch könnte man von Firewall sprechen.) Hier ist noch mal ein Hebel, an dem man ansetzen kann. Denn unserer Entstehungsgeschichte folgend ist dieser Filter so gebaut, dass er in erster Stufe nur überlebenswichtige Informationen durchlässt und dann (bedingt beeinflussbar) auch immer unwichtigere Daten passieren lässt. Unstrittig, dass die Duftbezeichnung eines beworbenen Deodorants nicht überlebenswichtig ist. Für den späteren Einkauf kann sie aber eine Rolle spielen. Wie beim Börsenhandel heißt es für die Information jetzt kaufen oder verkaufen, hopp oder top.
Ein spannendes Selbstexperiment besteht darin, sich bewusst mit diesem gehirntechnischen Türsteher anzufreunden. Nicht falsch verstehen, ein guter Türsteher lässt nicht jeden rein, hat aber ein geschultes Auge für die Personen, die zum Zielpublikum gehören.
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