Mittwoch, 15. Oktober 2025

Das brauchen wir gar nicht erst zu versuchen

Versetzen wir uns mal ein paar Jahre zurück. Da hatten wir kreuz und quer durch Deutschland gute Feldwege, manche davon sogar mit Kopfsteinpflaster befestigt. Man konnte problemlos von A nach B gelangen, einige Strecken wurden mit Postkutschen befahren. Wer nicht mit dem Pferd oder der Kutsche unterwegs war, der musste halt zu Fuß gehen, aber das war ja auch nur selten nötig, da man ohnehin im eigenen Ort arbeitete und lebte.

Alle waren versorgt, eine Verbesserung offensichtlich gar nicht notwendig. Und da kam dann jemand auf die Idee, diese Infrastruktur zu ändern, ja sogar zu revolutionieren. Ich meine nicht den Ausbau der Strecken, auch nicht die Einführung von Asphalt oder anderen Straßenbelägen. Nein, ein Verrückter war der Meinung, dass man Stahlprofile auf den Untergrund legen und darauf Fahrzeuge entlangrollen sollte. Eisenbahn nannte er das. So ein Unsinn. Weder gab es einen Bedarf dafür, noch war diese neumodische Erfindung so flexibel wie zuvor. Nur eine definierte Route konnte befahren werden, nur an festgelegten Haltepunkten konnte man zu- und aussteigen, man brauchte Wagons, Lokomotiven, Bahnhöfe, Kohleversorgung, Personal für das alles und noch viel mehr.

Das brauchen wir gar nicht erst zu versuchen

Sinnvoller Business Case? Fehlanzeige. Nur Kosten, ein Produkt, das niemand brauchte und damit eine absehbare Totgeburt. Nein, jeder realistisch denkende Mensch musste diesen Schnickschnack schon aus Sicherheitsgründen ablehnen, von der Wirtschaftlichkeit ganz zu schweigen.

Und dann kam sie eben doch. Trassen wurden erstellt, Schienennetze gebaut, große und kleine Bahnhöfe entstanden und dazu ein umfassendes Beiwerk ins Leben gerufen. Die Menschen waren begeistert, Jubelfeiern zur Einweihung neuer Strecken und Bahnhöfe, die im Übrigen ein Schmuck für den Ort und der Stolz des Bahnhofvorstehers waren. Das neue Angebot wuchs schnell über sich selbst hinaus, nicht nur täglicher Menschen- und Gütertransport wurden zu wichtigen Aufgaben, sondern auch die erweiterten Möglichkeiten bei der Arbeitsplatzwahl. Die Eisenbahn als Reichweitenvergrößerung im soziologischen Sinne.

Ich bin sicher, dass wir bezüglich der Einführung heute wieder genauso reagieren würden, vielleicht würde die Idee einer Eisenbahn genauso belächelt und von den Fachleuten als unsinniges Hirngespinst abgetan. Und dann feiern wir die Menschen als Visionäre, die solche Projekte gegen die Bedenken der Mitmenschen durchsetzen und damit Erfolg haben. Zugegeben scheitern auch viele solcher Ansätze, nicht jede quergedachte Neuerung ist so cool, wie es sich der Initiator ausgemalt hat.

Dennoch sind es oft gerade die auf den ersten Blick im wörtlichen Sinne ab-wegigen Ideen, die nicht nur behutsam weiterentwickeln, sondern alles Gewohnte auf den Kopf stellen. Ob es Blödsinn ist oder erfolgreiche Impulse setzt, das kann man definitiv nicht absehen - das geben selbst erfahrene Investoren hinter vorgehaltener Hand zu. Aber bis es nachweislich feststeht, dass der Ansatz nicht erfolgreich weiterverfolgt werden kann, sollte man ihn mutig und in aller Ernsthaftigkeit verfolgen.

Und auch das hören wir aus dem Mund der professionellen Förderer: Man muss das Risiko des Scheiterns eingehen und hat eine ziemlich kleine Erfolgsquote von echten Highlights. Die (zum Teil überraschenden) Volltreffer müssen dann die Fehlversuche mit finanzieren.

Abonniere den Kanal "Eckhards Blog By Dr.-G." auf WhatsApp

Dienstag, 7. Oktober 2025

Verhandlung (Der spanische Zug)

Der spanische Zug
In seinem Lied "Spanish Train" beschreibt Chris de Burgh, wie der Teufel und Gott um die Seelen Verstorbener Poker spielen. Während Gott sich an die Regeln hält und nur die taktischen Möglichkeiten ausschöpft, mogelt sich der Teufel durch das Spiel, indem er hier und da mal ein Ass aus dem Ärmel schlüpfen lässt. Am Ende gewinnt er natürlich und immer mehr Seelen werden mit dem spanischen Zug in die Hölle transportiert, obwohl Gott sich alle erdenkliche Mühe gibt, dies zu verhindern.

Ich musste dieser Tage an dieses Lied denken, als ich die Verhandlung einer amerikanisch geführten Firma mit dem Unternehmen, in dem ich angestellt bin, miterleben konnte. Hier trafen völlig unterschiedliche Verhandlungstypen aufeinander. Redlich bemühte sich unser Einkauf, die schwindelerregende Preissteigerung zu dämpfen, setzte auf Tugenden wie gute Kundenbeziehung, Nachhaltigkeit und überhaupt Vertrauen.

Dies sind natürlich Werte, die einem Unternehmen fremd sind, das eher in Cowboy-Mentalität an den Verhandlungstisch kommt. Ziel ist ein gutes Geschäft, das heißt maximaler Profit sowohl kurzfristig als auch fixiert für die nächsten Jahre. Wie es danach weitergeht ist weitgehend unwichtig, wer weiß, ob der Anbieter dann noch für diesen Lieferanten arbeitet oder ob es diesen überhaupt noch (unter diesem Namen) gibt. Und gute Kundenbeziehung natürlich gerne, "du kannst Joe zu mir sagen", aber Preisverhandlungen sind was anderes.


So wie Gott im Lied von 1975 trotz aller Geschicklichkeit verliert, so ist auch der Ausgang dieser Verhandlungen leider abzusehen. Man kann bestenfalls retten, was zu retten ist und sich so gut es geht für die Zukunft einrichten. Es kommt, das sieht man an diesem Beispiel ziemlich gut, nicht nur auf das einzukaufende Produkt an, sondern auch auf dessen Kontext und seinen Anbieter.

Logischerweise muss man dergleichen unerfreuliche Diskussionen nicht führen, wenn man die Leistung irgendwie selbst bereitstellen kann. Das ist dann auch ein Aspekt, den man im Kopf haben sollte, wenn darüber entschieden wird, was die Kernkompetenz eines Unternehmens ist und ob man Leistung langfristig besser und billiger selbst produzieren kann.

Abonniere den Kanal "Eckhards Blog By Dr.-G." auf WhatsApp

Mittwoch, 1. Oktober 2025

Wie riecht dein Unternehmen?

Auf der Suche nach einem neuen Parfum geriet ich in die Fänge eines eloquenten jungen Mannes, der mich nicht nur von Regal zu Regal führte, nicht nur mal diesen Zerstäuber, mal jenen Flacon aus der Schublade holte. Er erläuterte auch die Geschichte des einen oder anderen Produktes, sprach von Vorgängern, die mittlerweile vom Markt genommen worden waren und wusste auch etwas zu den Formen und Farben der Verpackungen zu berichten.

Dies war schmückendes Beiwerk meines Einkaufes, aber nachdem ich mich darauf eingelassen hatte, fand ich es immer interessanter. Nach ein paar Minuten war es nicht mehr das lästige Hinhalten vor dem eigentlichen Geschäft, auch nicht die unangeforderte Demonstration des Begleitwissens, sondern ein geradezu elementarer Bestandteil der Kaufentscheidung. Wie sollte ich den richtigen Duft auswählen, wenn ich ihn nur in seiner Auswirkung kannte, mich gar nicht mit seiner Geschichte, seiner Erscheinung und überhaupt seinem Kontext beschäftigt hatte?

Nicht, dass ich mir die zahlreichen Details hätte merken können, aber allein die intensive Beschäftigung mit den bislang nur stiefmütterlich betrachteten Aspekten machte mir Spaß. Immer wiederholtes Element seiner Erläuterungen waren dabei die Duftebenen. Ich erfuhr etwas über die Unterteilung in Kopf-, Herz- und Basisnote, wie diese nicht nur geruchlich, sondern auch im Zeitverlauf zusammenspielten und sich entwickelten.

Kopfnoten, so hörte ich, lieferten den ersten Eindruck, leicht und frisch, aber auch schnell verflogen. Und anschließend dann die Phase der Herznoten, die den längerfristigen Charakter des Parfums repräsentiert. Deutlich ausgeprägt, das Herz also des Dufterlebnis, der verlässliche Begleiter über den Tag. Schließlich die Basisnote, einem Basston gleich, unverzichtbarer Lieferant von Tiefe, die auch im Ausklingen der Herznote immer noch bereitsteht.

Wie riecht dein Unternehmen?
Wäre es ein Unternehmen, würde man vielleicht von kurzfristigen Zielen, Taktiken und Strategien sprechen, bei der Basisnote vielleicht auf den modernen Begriff der organisatorischen DNA verweisen. Und im Sinne meines netten Verkäufers wäre ein Blick auf den Markt, das Umfeld, die Präsentation der Produkte und ihre Entwicklung zwischen Launch und Entwicklung der Modellreihe in Betracht zu ziehen.

Raus aus der Theorie und rein in die Praxis mit einem anschaulichen Beispiel.

Betrachten wir zunächst die Kopfnote. Sie ist aktuell und sofort wahrnehmbar, das sind die "Neuerscheinungen" eines Unternehmens: Neue Produkte, Kampagnen, Innovationen. Diesen Teil sehen Kunden und Öffentlichkeit zuerst.
Beispiel: "Mit unserem neuen KI-gestützten Tool erleichtern wir seit diesem Jahr Unternehmen die Analyse ihrer Daten."
Offensichtlich geht es um Frische, Dynamik und eine gewisse Überraschung durch Innovation. Umgesetzt als Duft wäre ein Mix aus Grapefruit und grüner Minze eine geeignete Kopfnote. 

Mittelfristig prägend dann die Herznote, die für die strategische Entwicklung des Portfolios steht. Sie bestimmt die Richtung, in die sich das Unternehmen bewegt. Das prägt den Eindruck stärker und länger als einzelne Neuigkeiten.
Beispiel: "Unser Fokus liegt auf nachhaltiger Digitalisierung, die Unternehmen hilft, ihre Prozesse ressourcenschonend zu gestalten."
Wir treffen auf eine moderne Ausgestaltung in Form einer Kombination aus Naturverbundenheit und Technologie. Ein Hauch von Jasmin, im Wesentlichen aber Zedernblatt und Lavendel würden diese Aussage in die olfaktorische Welt übersetzen.

Und die stabile Basis sind Werte, Kultur und Mission des Unternehmens. Sie geben Beständigkeit und sorgen dafür, dass das Bild nachhaltig wirkt.
Beispiel: "Seit 50 Jahren stehen wir für Qualität, Verlässlichkeit und partnerschaftliche Zusammenarbeit."
Die klassische, geradezu biedere Verortung in Beständigkeit, Vertrauen und emotionale Bindung lässt sofort an einen Fond aus Sandelholz, Vanille und Moschus denken.

Ein Unternehmen hat also wirklich so etwas wie einen Geruch. Mit diesem Modell lässt sich das Profil damit zusätzlich zu Hochglanzfolien, Slogans und Videobotschaften auch als Erlebnis für die Nase präsentieren. Berücksichtigt man dabei, dass unter Beibehaltung von Herz- und Basisnote der Duft auf der Haut auf mittlerer Zeitskala konstant ist, kann man auch eine Jahresedition entwerfen, die sich nur in der Kopfnote unterscheidet und die neueste Kampagne auch in der leichten Duftvariation abbildet.

Abonniere den Kanal "Eckhards Blog By Dr.-G." auf WhatsApp

Mittwoch, 24. September 2025

Abschreiben, aber richtig!

Das kennen wir ja alle aus der Schule. Man kann Hausaufgaben von jemand anders abschreiben. Im Idealfall sucht man sich den Klassenprimus und fragt, ob man seine Lösung mal „ausleihen“ kann. Und wenn alles klappt, dann pinselt man die Ergebnisse in das eigene Heft.

Abschreiben aber richtig
Bekanntlich geht das in einigen Fächern ganz gut, in anderen eher nicht. Wenn in Mathe 42 als Lösung herauskommen muss, dann ist das ziemlich gefahrlos abzuschreiben. Einzige Herausforderung ist dann die korrekte Übernahme der Lösung einschließlich der Herleitung, die natürlich auch keine Fehler enthalten darf.

In Sozialwissenschaften kann es schon ein wenig kritischer sein, weil man die Vorlage zumindest soweit verfremden muss, dass nicht auf den ersten Blick auffällt, dass man die Argumentationskette eins-zu-eins übernommen hat. Was allerdings voraussetzt, dass man sie grundsätzlich verstanden hat.

In den 1970er Jahren bekam der damalige VW Golf Konkurrenz aus Japan. Toyota, Honda und Mazda versuchten, einen Teil des Marktes in Deutschland zu erobern. Sie waren in vieler Hinsicht auf Augenhöhe, hatten aber massive Rostprobleme. Natürlich hatten die Konstrukteure den Golf in seine Bestandteile zerlegt und ihn auf ihren Reißbrettern neu entstehen lassen.

Da es keine Plagiate sein sollten, passten Sie nicht nur Motoren, Fahrgestell und allerlei Ausstattung an, sondern änderten auch das Design. Während der Einbau anderer Motoren kein Problem darstellt und auch der Rückgriff auf Erfahrung mit bisher verbauten Fahrgestellen eher unkritisch war, lag der Teufel im Detail des Designs.

Warum die Türen so geformt waren schien auf den ersten Blick eine Frage des Geschmacks zu sein. Auch das in der Tür verbaute Querblech war für die Ingenieure primär eine Stabilisierung. Sie hatten nicht verstanden, dass es ein eklatant wichtiges Element war, welches das Regenwasser gezielt ableiten und so den durch Staunässe entstehenden Rost verhindern sollte.

Sie hatten sorgfältig abgeschrieben, aber die Details der Lösung nicht begriffen. Und so rosteten die Japaner auf dem deutschen Markt in konkurrenzloser Geschwindigkeit (wobei der damalige Golf bezüglich Rost auch noch Defizite hatte).

Dieses Phänomen begegnet uns vom Grundsatz her auch heute noch an vielen Stellen. Bei Nachahmer-Produkten sind dergleichen Pannen mit hoher Wahrscheinlichkeit eingebaut. Als unwichtig oder kostentreibend eingeschätzte Bestandteile sind auf Kosten von Spätfolgen weggelassen, in ihrer Funktion nicht verstandene Gruppen falsch nachgebaut worden.

Leider kann man das von außen und gerade am Anfang nicht erkennen. Ob man eine gute und preiswerte Alternative gekauft oder billigen Schrott erworben hat, das stellt sich oft erst nach einer gewissen Gebrauchsdauer heraus.

Übrigens erlebe ich die Schwierigkeiten beim Nachahmen auch im Umfeld der Gestaltung von Wohnung, Garten und tatsächlich auch im Leben. Man kann sich einzelne Punkte herauspicken, also zum Beispiel auch ein Blumenbeet in die Mitte setzen. Aber man muss dabei auch das Gesamtwerk und dessen Wirkung beachten. Ist der Garten in Relation dazu groß genug, stimmen die Farben, wie ist die Wirkung beim Blick aus dem Wohnzimmer und so weiter.

Oder bewundere ich die Tennis-Aktivitäten meines Nachbarn. Die kann ich nachahmen, aber bitte das Ausgleichstraining im Fitnessstudio nicht ausblenden. Nur die Kombination sorgt dafür, dass die Gelenke nicht einseitig belastet, die Muskulatur für den Ballsport aufgebaut wird.

Abschreiben, nachmachen, übernehmen ist grundsätzlich ein guter Ansatz. Schließlich muss nicht jeder Mensch das Rad neu erfinden. Aber um im Bild zu bleiben muss man auch ein Objekt haben, an das man das Rad sinnvoll montieren kann. Und man muss verstanden haben, warum es rund ist und Speichen hat, bevor man es modifiziert.

Abonniere den Kanal "Eckhards Blog By Dr.-G." auf WhatsApp

Mittwoch, 10. September 2025

Warum oder wofür?

Als Physiker bin ich es gewohnt, mich den Fragen nach den Ursachen zu stellen, Phänomenen auf den Grund zu gehen und sie in eine logische Kette mit anderen Beobachtungen zu ordnen. Es reicht mir nicht, das Herabfallen eines Apfels zur Kenntnis zu nehmen, ich möchte wissen und möglichst auch verstehen, aus welchem Grund dies geschieht.

Mit anderen Worten gehe ich durch die Welt und stelle mir mehr oder weniger durchgängig die Fragen nach dem Warum. Wie auch Kinder immer wissen wollen, was dahinter steckt, was etwas auslöst. Dabei erwarte ich ja gar nicht, alle Details einer Theorie zu durchdringen, allen Wissenschaftszweigen folgen zu können oder eine Erklärung für alles zu erhalten. Aber die entsprechende Frage stelle ich mir und versuche sie nach Möglichkeit zu beantworten.

Bei Eltern höre ich oft, dass sie über das Ziel hinausschießen, den Kindern Details erklären, die diese so genau gar nicht hören wollen oder die sie noch nicht in ihre Wissenswelt einsortieren können. Das ist bestenfalls Verschwendung, weil der junge Geist es nicht verwenden kann und im ungünstigen Fall bleibt nur der Eindruck „dafür bin ich zu dumm“ zurück.

Andererseits machen es sich manche Erwachsene auch leicht, indem sie Fragen ihrer Mitmenschen, vorwiegend, aber nicht nur Kindern, einfach abbügeln. Ob nun „das ist halt so“ oder „das verstehst du eh nicht“ – Antworten dieser Art lassen Unwissenheit oder die Unfähigkeit, etwas verständlich zu erklären, vermuten.
Warum oder wofür


Gegenüber dieser Betrachtung des Warum muss man die Frage nach dem Wofür abgrenzen. Sie ist von Natur aus schädlich, weil sie nach dem Zweck und dem persönlichen Nutzen fragt. Ist es notwendig, dass ich dies oder das lerne, was habe ich davon, mich mit einer Sache zu beschäftigen. 

Zunächst muss man festhalten, dass es praktisch unmöglich ist, den Einsatz eines Wissens vorherzusehen. Ob ich in meiner Midlife-Crisis nach Frankreich auswandere und dann auf meine Fremdsprachenkenntnisse zurückgreifen kann, ist als Jugendlicher definitiv nicht abzusehen. 

Hinzu kommt, dass unser Gehirn ein Assoziationsspeicher ist, so dass wir uns immer besser mit neuen Inhalten beschäftigen können, je mehr wir vorher schon gelernt haben, durchaus auch in einem Nebengebiet. So betrachtet ist allein Lernen um des Lernen willens für die langfristige Nutzung unseres Gehirns sehr empfehlenswert.

Dann kommt noch das Verkümmern der Neugierde ins Spiel. Wenn ich wie ein Sachbearbeiter zunächst die Frage nach der Zuständigkeit und der Notwendigkeit stelle, dann muss ich mich nicht wundern, dass die Lust auf das Erkunden von Unbekanntem mit der Zeit verloren geht. Man könnte sagen, dass unser Gehirn lernt, eben auch die Wofür-Frage zu stellen und zu der Erkenntnis kommt, dass es nichts von neugierigem Verhalten hat.

Dass es sich tatsächlich trainieren und auch wegtrainieren lässt, kann man häufig in der Pubertät beobachten. Wird die Null-Bock-Phase nicht von einer spätpubertären Aufbruchsstimmung abgelöst, kommt es zu einem Berufsleben ohne inneren Antrieb, ohne Fortschritts-Motivation. Wer es gewohnt ist, seinen Mitmenschen - Eltern, Lehrern, Kameraden - die Frage nach dem Nutzen und der Notwendigkeit zu stellen, dem fällt intrinsische Motivation und die eigenständige Suche nach einem persönlichen Ziel schwer.

Dies äußert sich in der Verunsicherung der jungen Leute, wenn sie nach ihrem Schulabschluss in die nächste Ausbildungsstufe oder ins Berufsleben einsteigen. Da muss erst mal ein Jahr Work-and-travel her, wird vielleicht sogar im Anschluss an die Abiturprüfung ein Sabbatjahr angehängt. Wofür sollte ich weiter Informationen sammeln, einen Beruf erlernen oder nach Entwicklung streben?

Sehr griffig fasst der Ansatz der Agilität die Aspekte von Warum und Wofür zusammen. Beobachten, gefolgt von Aktivität, gezielt ausprobieren und dadurch vielleicht Antworten auf nicht gestellte Fragen bekommen. Und wenn es noch nicht der richtige Ansatz war, macht man einen neuen Anlauf. Und genau das ist dann auch die Beantwortung der Wofür-Frage.

Abonniere den Kanal "Eckhards Blog By Dr.-G." auf WhatsApp

Mittwoch, 27. August 2025

Aufs falsche Pferd gesetzt

Bei dem Entwurf einer Strategie hat man es nicht leicht. Über merklichen Zeithorizont in die Zukunft zu schauen oder sich Gedanken über die langfristige Entwicklung zu machen, ist ein ziemlich wackliges Konstrukt. Nicht allein, dass niemand in die Zukunft schauen kann, manchmal kommen noch unplanbare Unstetigkeiten hinzu.

Aufs falsche Pferd gesetzt

Ob man in den nächsten Jahren einige Prozentpunkte mehr Telefonbücher drucken muss, kann man abschätzen und daraus einen eventuell notwendigen Ausbau der Produktionsstraßen ableiten. Diese Planung ist ungenau, aber mit dem notwendigen Datenmaterial (aus der Vergangenheit) und einer sorgfältigen Abschätzung der Zukunft einigermaßen belastbar.

Tja, und dann kommt das Internet. Erst langsam, dann immer schneller und auf einmal braucht kein Mensch mehr ein Telefonbuch. Die Produktion geht nicht zurück, sie bricht komplett weg. Man kann bestenfalls die Druckstraßen für andere Erzeugnisse verwenden, aber selbst das könnte schwierig werden. Nicht nur ein bestimmtes Produkt, eine ganze Branche fällt einer eruptiven Entwicklung zum Opfer.

Dies früh genug abzusehen und die Tragweite eines World-wide-web abzuschätzen ist nahezu unmöglich. Wieviele Trends und Hype-Themen werden zwar lautstark propagiert, verschwinden aber nach kurzer Zeit doch in der Versenkung.

Aber es gibt auch Entwicklungen, bei denen die Verläufe in der Zukunft gar nicht so überraschend sind und die trotzdem nicht ernst genommen werden. Irgendwas zwischen arrogant und überheblich hat die deutsche Autoindustrie bezüglich E-Autos und Tesla in unerschütterlicher Starre verharrt. Nein, da waren sie sich sicher, Tesla mag ja ein bisschen mit Computern umgehen können, aber ein anständiges Auto zu bauen, das wird diesen Anfängern nicht gelingen. Da fehlt es einfach an der jahrzehntelangen Erfahrung deutscher Ingenieurskunst.

Nun kämpft Tesla sicher an der einen oder anderen Stelle mit Qualitätsproblem im Bereich Chassis und Mechanik, aber der Trend, dass ein Auto kein Gehäuse um einen Motor, sondern ein rollendes Rechenzentrum ist, der ist unaufhaltsam und wurde gehörig unterschätzt, wie die Zulassungszahlen der Tesla-Modelle beweisen.

Eine ganz andere Branche (Hersteller von Fotoapparaten) hat auch den Zug der Zeit – die zunehmende Computerisierung und die zentrale Rolle eines leistungsfähigen Rechenkerns – verpasst. Es steht außer Zweifel, dass die Platzhirsche auf dem Kameramarkt großartige Fotoapparate bauen. Insbesondere die Optiken sind phantastisch, verzerrungsarm, lichtstark, chromatisch korrigiert und so weiter.

Doch was ist passiert? Da kommen diese Anbieter von Smartphones, bauen eine unbeschreiblich kleine und leistungsschwache Kamera ein und korrigieren die ganzen Abbildungsfehler einfach per Software. Schwachlicht und sekundenlange Belichtungen verlieren ihren Schrecken, weil ein pfiffiges Computerprogramm die verwackelten Einzelaufnahmen geschickt wieder zusammensetzt.

Damit sind keine bewegten Objektive (Canon) mehr notwendig oder Chips, die dem Verwackeln mühsam per Mechanik folgen (Sony). Weg mit dem Kram, ein Handy tut es auch und Millionen von Menschen trennen sich von ihren schweren Spiegelreflexkameras, weil sie ihr Handy sowieso in der Tasche haben und in vielen Fällen mit dem Ergebnis zufrieden sind.

Und was passiert auf der Anbieterseite? Zögerlich reagieren die Premiummarken, steigen sehr langsam von ihrem hohen Ross und passen ihre Produkte an. Und auf einmal sind sie in der Situation der Verfolger, müssen die fehlende Erfahrung aufholen. Wobei wir prominent an Nokia denken können, das vom Marktführer für Handys in der Nische verschwunden ist.

Man darf sich auf ausgiebiger Erfahrung, Marktführerschaft oder bisherigen Erfolgen nicht ausruhen. Denn ausgesprochen viele Produkte sind direkt oder indirekt an Technik gekoppelt. Hier lohnt es sich allein schon darüber nachzudenken, welche Änderungen ein sprunghafter Fortschritt der Technik auslösen könnte. Anwaltliche Beratung oder Übersetzungsbüros bekommen mit ChatGPT einen unerwarteten Konkurrenten, Automechaniker teilweise werden von Elektronikern abgelöst.

Am Ende ist es wie beim Pferderennen. Informieren und dann wetten. Was nicht bedeuten muss, dass man zu den Gewinnern gehört.

Abonniere den Kanal "Eckhards Blog By Dr.-G." auf WhatsApp

Mittwoch, 20. August 2025

Kunde, Kunde, Kunde

 
Kunde, Kunde, Kunde

Manchenorts heißt es "der Kunde ist König", im angelsächsischen dreht sich alles um den Customer und seine Customer Experience. Doch da müssen wir ein wenig genauer hinschauen. Bei den Kunden gibt es nämlich verschiedene Typen, die je nach Verhältnis deutlich unterschiedliche Beziehungen aufbauen.

Typ 1: Kommt vorbei

Er bummelt lässig über die Fußgängerzone, ist mehr oder weniger kaufwillig, aber ohne konkretes Ziel. Ich kann mit geeigneten Mitteln sein Interesse wecken, meine Produkte anbieten und vielleicht an ihn verkaufen. Als Anbieter könnte man sich einen Marktschreier vorstellen.

Typ 2: Mit Einkaufsliste

Er kommt mit leerem Einkaufswagen in den Supermarkt, kramt in der Tasche nach der Einkaufsliste und beginnt, die vorgesehenen Artikel zu laden. Er agiert im Wesentlichen selbständig, möchte bei der Abarbeitung seiner Liste auch nicht gestört werden. Wenn er etwas nicht findet, es eine Produktalternative gibt oder er schlicht nichts mit der Notiz auf dem Einkaufszettel seiner Frau anfangen kann, braucht er Beratung.
Der Verkäufer tritt nur sehr bedingt in Erscheinung, muss kompetent das Produktportfolio kennen und überzeugend beraten können.

Typ 3: Ist da und vertraglich gebunden

Er ist Abnehmer einer Ware oder Dienstleistung, weil er sich vertraglich dazu verpflichtet hat. Grundsätzlich steht es ihm frei, das bezahlte Angebot zu nutzen oder auch nicht, im Idealfall nutzt er statistisch eher weniger als angeboten und finanziert dadurch andere Abnehmer mit. Ihn als Kunde zu behalten, eventuelle Unzufriedenheit und Kündigungsszenarien im Auge zu behalten ist Aufgabe des Anbieters. Je nach Situation kann man versuchen, die Vertragslaufzeit aktiv zu verlängern, ansonsten lässt man ihn in Ruhe.

Typ 4: Hat gar keine Alternative

Er sitzt vor seinem Dienst-Computer und ist darauf angewiesen, dass dieser funktioniert. Aus Sicht der für die Wartung zuständigen Abteilung ist er zwar der Empfänger der Dienstleistung, andererseits aber nicht wirklich Kunde, sondern eher Kollege. Und er hat keine Möglichkeit, seinen PC von einem anderen Provider in Ordnung halten oder bringen zu lassen. Wie in einer Ehe hat er gar keine Alternative und muss sich mit der Situation arrangieren.

*

Muss ich also erst mal auf Kundenfang gehen, ihn mehr oder weniger ausführlich betreuen, nur bei der Stange halten oder lediglich so weit zufrieden stellen, dass er sich nicht zu deutlich beschwert - das ist eine Frage des Kundentyps. Und das hat natürlich Auswirkungen auf die Anbieterseite und die notwendige Mindestqualität des Kunden-Beziehungs-Managements. Wobei sich die Beziehung auch im Lauf der Phasen ändern kann. Ist der Kunde erst mal mit überzeugenden Worten, bunten Flyern und kleinen Aufmerksamkeiten gewonnen, dann kann man übergehen zu einer regulären Betreuung, bei der der Kunde auch schon mal in der Warteschlange einer sogenannten Hotline versauert.

Was dann je nach Fixierung des eingegangenen Vertrages übergeht in das (verdeckte) Aufkündigen der Kommunikation. Der Kunde wird von der Hotline zur Servicestelle geschickt, die dem Kunden nach ausführlicher Verzögerung jede Lust nimmt, sich noch mal freiwillig mit dem Anbieter in Verbindung zu setzen. Und das kann ja durchaus das Ziel einer Kundenbeziehung der Typen 3 und 4 sein. Ideale Randbedingungen ergeben sich hier, wenn es entweder keine Ausweichmöglichkeiten gibt (z. B. bei Behörden) oder die anderen Anbieter mit ähnlichem Antritt unterwegs sind (z. B. Telefon-Provider).

Bleibt festzuhalten, dass man als Kunde nicht immer König ist, oder wenn, dann nur ein Monarch, der immer mal auf den Balkon gebeten wird, um seinen Anbietern zuzuwinken.

Abonniere den Kanal "Eckhards Blog By Dr.-G." auf WhatsApp

Mittwoch, 13. August 2025

Glasfaser nehmen wir persönlich

Da lag dieser Tage ein Flyer in meinem Briefkasten: „Glasfaser nehmen wir persönlich…“ Nun ja, die übliche Werbung, der Versuch, mich doch noch zu einem Anschluss zu bewegen und mich zum Thema Anschluss und Installation zu beraten.

Glasfaser nehmen wir persönlich

Grundsätzlich gut, wäre da nicht die entsprechende Vorgeschichte. Unsere Siedlung ist nämlich vor ein paar Wochen von mehreren Bautrupps überfallen worden, die ohne lange Vorankündigung Straßen sperrten, Bürgersteige aufrissen, Straßenquerungen frästen und damit den Verkehr mehr oder weniger lahmlegten. Unglücklicherweise auch meine eigene Baustelle, zu der keine Lieferung mehr durchdringen konnte.

Der Versuch, hierauf als Betroffener in irgendeiner Form Einfluss zu nehmen scheiterte kläglich. Die vor Ort herumlaufenden Bauarbeiter sprachen kein Deutsch, die Bauhotline war durch lange Wartezeiten gekennzeichnet. Hatte ich endlich einen Menschen am Telefon, gab er mir die Telefonnummer des Vertragspartners, der sich allerdings als telefonisch unerreichbar herausstellte. Wieder bei der Bauhotline wurde mir die Darstellung meines Anliegens über ein Kontaktformular ans Herz gelegt. Ich habe bis heute keine Antwort bekommen, nichts passierte. Auch die angeblich vorhandene Kontaktmöglichkeit über WhatsApp funktionierte nicht, da ich ja kein Kunde bin und entsprechend auch keine Kundennummer habe.

Meine Pre-Customer Experience war also niederschmetternd. Nichts funktionierte, die Bautrupps zogen ihre Bauarbeiten durch, meine eigene Baustelle machte eine teure Zwangspause. Keine Chance, dies irgendwie zu beeinflussen, Kommunikation auf dem Niveau Schulnote 6 (ungenügend).

Und jetzt also der warmherzige Antritt, mich zum Kunden zu machen? Ich kann mir schon vorstellen, wie ein geschniegelter Vertreter vor der Haustür steht, mich verbal einseift und mir die rosige Zukunft der Glasfaser ausmalt. Die bei mir aber eher mit ruppigen Handwerkern, unbeeinflussbaren Abläufen und nichtfunktionierenden Lösungen assoziiert ist.

Wir haben es hier mit einer recht typischen Diskrepanz der beteiligten Einheiten zu tun. Tatsächlich sind es Ein-heiten, also in sich gekapselte Teams, die nur eingeschränkt miteinander reden. Was der Vertriebler mühsam akquiriert, wird vom Ausführer mit ein paar ungeschickten Maßnahmen kaputt gemacht. Ist der Vertrag erst mal unterschrieben, ist die Bahn frei, Kundenorientierung ade.

Egal ob Glasfaser, Versicherer, Stromanbieter oder andere Provider. In fast allen Unternehmen scheint die Trennung zwischen Akquise- und Bestandskunden wie die Trennung zwischen der Fassade und dem darunter verborgenen Plattenbau mit maroden Strukturen und einem muffeligen Hausmeister. Und hier wie da mag es im Alltag klappen, aber im Problemfall ist man leider auf den unwilligen Hausmeister angewiesen.

Da denke ich an den Ehrbaren Kaufmann und natürlich an die heute oft zitierte Nachhaltigkeit im Geschäftsumfeld. Den schnellen Euro zu machen kann auch die Glasfaser Deutschland, aber dauerhaft zufriedene Kunden kann ich mir nach meinen bisherigen Erfahrungen leider nicht vorstellen. 

Wie ungeschickt, denke ich mir, dass man durch diese organisatorischen und vor allen Dingen kommunikativen Mängel nicht nur Kunden, sondern auch noch potentielle Kunden abschreckt. Entsprechend kann ich Unternehmen nur ans Herz legen, nicht nur die Vertriebseinheiten zu fördern und zu feiern (weil sie ja Geschäft und damit Geld einbringen), sondern genauso ein wachsames Auge auf die Einheiten zu halten, die für die vielen anderen Prozessschritte zuständig sind.


Abonniere den Kanal "Eckhards Blog By Dr.-G." auf WhatsApp

Mittwoch, 6. August 2025

Gefühle oder Fakten?

Mir gegenüber die junge Frau, schulterlange Haare, blondiert, Mittelscheitel. Darunter ein zartes Gesicht, kein Makeup, naturschön eben. Sie erinnert mich an meine Kommilitonin Sabine aus der Studentenzeit und mir wird warm ums Herz. Nicht, dass sie so schön wäre, auch nicht, dass ich damals irgendwas für Sabine empfunden hätte. Es ist viel mehr die Verbindung zu einer Zeit, einer Lebensphase, einem Gefühl damals.

Gefühle oder Fakten
In den letzten Tagen erlebe ich das immer mal wieder, freue mich mal über eine Szene, einen Geruch manchmal, eine bestimmte Musik. Was ich dann unbewusst in den Kontext irgendeiner Erfahrung oder Erinnerung gestellt bekomme.

Wie Pizza: Manchmal ist es weniger der besondere Gaumenschmaus, vielmehr irgendetwas zwischen Lebensgefühl, dolce vita, Urlaub, schönen Stunden, Rotwein und Entspannung im Trubel eines italienischen Restaurants.

Der Frühling, das aufknospende Grün. Das ist nicht einfach nur schön, es ist die Aussicht auf den Sommer, auf das beginnende Vegetationsjahr, auf Saft und Wachstum. So wie wir staunend vor Kindern stehen, ihnen beim Wachsen zuschauen und uns fragen, ob wir jemals auch so klein waren. Und sie trotz ihrer Unbeholfenheit darum beneiden.

Da bleibt gar nicht so viel Faktenwissen übrig, ist das Leben doch deutlich stärker geprägt von Gefühlen. Vielleicht Lust, vielleicht Schmerz, aber selbst sehr nüchterne Menschen verbinden Szenen mit Eindrücken wie Wärme, Kälte und Gerüchen, Enge oder Lichtverhältnissen. Und die kommen wieder, rufen Erinnerungen auf.

Die junge Frau steht auf, richtet sich darauf ein, an der nächsten Haltestelle auszusteigen. Nein, mache ich mir klar, sie sieht nicht aus wie Sabine, hat auch nicht ganz ihre etwas mürrische Art, aber die Haare waren einen Moment lang die Brücke in meine Studentenzeit.

Abonniere den Kanal "Eckhards Blog By Dr.-G." auf WhatsApp

Mittwoch, 30. Juli 2025

Fühlst du was?

Wenn ich mich im Fitnessstudio umschaue, gibt es dort zahlreiche Personen, die sehr engagiert Sport betreiben. Manche versuchen ihre Figur in Form zu bekommen, ihre Muskulatur vor dem Abbau zu bewahren oder sich mit ein paar Bekannten gemeinsam zu bewegen.

Und daneben gibt es die Männer und Frauen, die nicht nur engagiert, sondern geradezu fanatisch an den Geräten hocken, auf den Fahrrädern strampeln oder beim Tabata ihr Letztes geben. Das hat dann nichts mehr mit Gesunderhaltung zu tun, sondern mit einem Kampf gegen den eigenen Körper. Sport ist eine Herausforderung, die Steigerung der Gewichte ein Elementarziel.

Sport wird erlebbar, als Schweiß bei der Anstrengung, als brennende Muskulatur, als tagelange Nachwehen des Trainings. Auch die gelegentlichen Stürze bei den Ausfahrten beim Downhill gehören dazu, die kaputten Bänder nach den Abfahrten auf den Schwarzen Pisten und die Verletzungen nach dem Bungeejumping.

Feinere Bewegungsformen, Koordination der kleinen Muskulatur, Achtsamkeit und innerer Weg sind zu leise, um beim Körper oder gar bei dessen Menschen anzukommen.

Fühlst du was
Und so geht es natürlich nicht nur beim Sport. Auch im Umgang mit sich selbst, den Mitmenschen, Partnern und dem Job müssen die Reize schon ziemlich stark sein, damit sie überhaupt wahrgenommen werden.

Durch diesen Mangel an (Fein-) Gefühl ist der Umgang miteinander für beide Seiten erschwert. Wer nur starke Erregung seines Gegenübers erkennt, wird natürlich keine feinen Schwingungen im Bereich der Beziehungsebene bemerken können. Wer sich von diesen Personen verletzt fühlt, muss das schon sehr deutlich zum Ausdruck bringen. 

Andererseits geht es ihnen aber auch wie Gehörlosen. Da diese sich auch nicht selbst hören können, können sie nicht einschätzen, wie laut sie reden. Und sie hören ihren eigenen Tonfall nicht. So auch bei Gefühls-Losen. Nicht selten erleben wir theatralische Gesten, deutliche Übertreibungen mit tränenreichen Szenen und umfassender Betonung der eigenen Gefühlswelt.

Aber um im Bild zu bleiben: Sie hören die Gefühle ihres Gegenübers nicht. Mit viel Anstrengung versuchen sie teilweise, diesen Mangel durch Interpretation von (sachlichen) Symptomen auszugleichen. Mimik, Gestik und Körpersprache überhaupt wird als Ergänzung zu den Inhalten einer Konversation für die Gefühlsinterpretation hinzugezogen.

Herzenswärme und Sensibilität sind im Wesentlichen angeborene Eigenschaften. Diese können wir nicht bei uns und schon gar nicht bei unseren Mitmenschen verändern. Von daher kann man zurückkommend auf den Sport nur schauen, ob man vielleicht in einen anderen Kurs geht oder sich beim halsbrecherischen Mountainbiking nicht anschließt.

Abonniere den Kanal "Eckhards Blog By Dr.-G." auf WhatsApp

Mittwoch, 23. Juli 2025

Der ist aber Geschäfts-tüchtig

Ein Freund von mir ist Vorstand in einem Unternehmen, das verschiedene Spiel-Bausteine und sonstiges Material für kreative Entfaltung herstellt. Im ersten Moment würde man vermuten, dass er ein schöpferischer Mensch ist, vielleicht sogar selbst ein wenig verspielt und kindlichen Basteleien zugeneigt.

Das ist aber absolut unzutreffend. Und ein Blick auf seine Vita verrät, dass er vorher schon führende Positionen in verschiedenen anderen Unternehmen, IT-Anbietern oder in der Glasprodukte-Herstellung bekleidet hat. In den seltensten Fällen steht hier Kreativität im Mittelpunkt, vielmehr geht es um das Management von Unternehmen oder Abläufen.

Geschäftstüchtig
Und genau das ist seine starke Seite. Er ist Geschäfts-tüchtig. Ganz wörtlich zu verstehen, nämlich als eine Person, die Geschäfte oder Potential entdeckt, sie genauer betrachtet und dann an die Umsetzung geht. Oder gehen lässt.

Jeden Tag bringt er neue Geschäfts-Ideen mit. Nur ein paar Schritte vor die Tür und schon stellt er sich die Frage, wie man mit einer Maschine den Bürgersteig automatisiert reinigen kann, ob es hierfür einen Markt gibt und ob man damit ein profitables Geschäft aufmachen kann.

Selbst wenn sich einer der zahlreichen Ansätze nicht weiterverfolgen lässt, bereits realisiert ist oder erwartbar dann doch keinen Gewinn abwirft – macht nichts, die nächste Idee kommt bestimmt. Gerade dieser Einfallsreichtum ist also sein zentraler Wert, anwendbar in allen Branchen, nutzbringend bei Up- und Cross-Selling.

Das funktioniert allerdings nur unter gewissen Randbedingungen. Naheliegend muss man einkalkulieren, dass ein merklicher Teil der Ansätze nicht zum Fliegen kommt. Ebenso ist es unabdingbar, einen gewissen Mut an den Tag zu legen. Wer Vakuumformer aus der Automobilindustrie plötzlich für die Produktion von stylischen Parfumflakons verwenden möchte, macht sich nicht gerade zum Liebling der Männer am Band.

Schließlich darf man solche Perlen auch nicht mit Zahlenmaterial und Berechnungen von Return-on-Investment bremsen. Das müssen dann andere Personen übernehmen, Controlling behindert im Entstehungsablauf neuer Ansätze. An dieser Stelle der Verweis auf Walt Disney, der die Entwicklung neuer Produkte in Phasen unterteilt hat, die jeweils von unterschiedlichen Rollen begleitet werden.

Wer also fortlaufend neue Impulse gibt, in jedem Ding ein Geschäft sieht und seine Mitmenschen mit immer neuen Ansätzen traktiert, der ist nicht unbedingt geldgierig, sondern sollte eher als eine Art Trüffelschwein verstanden werden.

Und bekanntlich gibt es außer Trüffeln noch andere Bodenschätze, die es zu entdecken und auszugraben gilt.

Abonniere den Kanal "Eckhards Blog By Dr.-G." auf WhatsApp

Mittwoch, 16. Juli 2025

Das war anders geplant

Da steht es nun, in sorgfältiger Projektierung und Umsetzung entstanden, ein repräsentatives Gebäude mit modernem Eingangsbereich und funktionaler Ausstattung. Geschickt ist das Foyer mit einem Empfang ausgestattet, sind die Flure auch Besucherströmen gewachsen und die Büroetagen so variabel wie möglich gestaltet.

Eine breit dimensionierte Treppe lädt Mitarbeiter und Gäste ein, aus der Eingangshalle in den ersten Stock und dort in den Konferenzbereich oder auch in die Kantine zu gelangen. Soweit die Gedanken des Architektenteams, wie ich vermute. Denn an dieser Stelle entwickeln sich die Menschenströme ganz anders als erwartet. Nicht die Haupttreppe wird als Verbindung ins Obergeschoß genutzt, sondern eine kleine Nebentreppe, über die sich täglich nahezu alle Mitarbeiter des Hauses zum Mittagessen bewegen.

Das war anders geplant
Diese kleine Nebentreppe liegt besser und erfordert - im Gegensatz zur repräsentativen Gebilde im Foyer - kein Aus- und Einchecken. Wer diese nutzt scheut entweder den Rummel im kleinen Treppenhaus, will sich die Füße vertreten oder hat einen anderen recht speziellen Grund, diesen Weg zu wählen.

Der Plan der Konstrukteure scheitert also hier an der Wirklichkeit. Was wir ja auch an anderen Stellen erleben, bei denen mehr oder weniger offensichtlich die spätere Nutzung nicht richtig eingeschätzt wurde. Mal schätzt man seine eigenen Bedarfe falsch ein und kauft ein Auto, das zwar schick, aber für Wocheneinkäufe höchst ungeeignet ist. Ein anderes Mal erlebt man Fehlkonstruktionen wie unpraktisch platzierte Schalter oder in der heutigen Zeit immer wieder, dass häufig genutzte Steuerungen sich in den Tiefen von Menübäumen verstecken.

Als Abnehmer kann man da nicht viel machen, es sei denn, man kann die Umsetzung beeinflussen. Aber als Planer ist doch einiges Potential beim Entwurf und Vorabtest der Entwicklung. Gerade durch die Ausbreitung Künstlicher Intelligenz werden Simulationen immer einfacher, aber auch die klassische Befragung, vielleicht Pilotierungsphasen oder schlicht der Vergleich mit Lösungen anderer Anbieter oder Kunden können wichtige Informationen liefern.

Übrigens kann man gelegentlich auch Analogien nutzen und mathematisch handhabbare Modelle bemühen. Im Zusammenhang mit dem Treppenhaus könnte ein Physiker recht einfach zeigen, welchen Weg eine Sammlung von Gasteilchen nehmen würde. Und damit zuverlässig prognostizieren, ob die Mitarbeiter später die Hollywood-Treppe oder die Alpen-Stiege nehmen werden. Man muss sie (die Soziophysiker) nur fragen.

Abonniere den Kanal "Eckhards Blog By Dr.-G." auf WhatsApp

Donnerstag, 10. Juli 2025

Sechs Seelen wohnen ach in meiner Brust

Vor einiger Zeit kam ich in den Genuss, eines dieser modernen Autos zu fahren, die mit allerlei intelligenten Helferlein ausgestattet sind. Da gibt es neben Lichtautomatik auch Sensoren für die Scheibenwischer, permanente Überprüfung des Reifendrucks und der Innenraumtemperatur.

Doch nicht nur die vorbeugende Diagnose von potentiellen Ausfällen, auch die Beratung mit Tendenz zur Bevormundung spielen eine wichtige Rolle. Erkennt ein Fühler eine Belastung des Sitzes, besteht er auf der Verwendung des Sicherheitsgurtes, auch wenn dort keine Person, sondern ein Umzugskarton Platz bekommen hat. Wer der anfänglich penetrant-piepsenden Ermahnung zum Schließen des Gurtes nicht nachkommt, wird durch einen Nothalt zur Aktion gezwungen.

Sechs Seelen wohnen ach in meiner Brust

Diese ganzen Assistenzsysteme wurden für die Verbesserung von Sicherheit und Fahrkomfort entworfen und dem Auto als Kombination aus zahlreichen Messgebern, Computern und Software mitgegeben. Und wie im menschlichen Leben muss dieser Hofstaat natürlich als Ganzes gesteuert und koordiniert werden.

An dieser Stelle wird es dann amüsant, weil sich die Systeme nicht in jedem Fall ergänzen, sondern sich auch mal gegenseitig widersprechen. Nach Aktivierung des Tempomats mit Erkennung der Verkehrszeichen weiß das Auto zwar, wie schnell es fahren darf, wird aber gleichzeitig von einem anderen Assistenten (Geschwindigkeitskontrolle) ermahnt, wenn es zum Beispiel bergab ein wenig über der anzustrebenden Geschwindigkeit liegt. Einfacher wäre es vielleicht, wenn der Kontrolleur direkt mit dem Tempomat spricht und eine sanfte Bremsung veranlasst, statt dass die beiden Assistenzen sich wie balgende Kinder bei mir als Fahrer beschweren.

Doch damit nicht genug. Vorausschauend weiß irgendein kluger Assistent auch, dass in absehbarer Entfernung eine neue Geschwindigkeitsbegrenzung gilt und lässt das Auto schon mal langsamer werden. Damit wiederum kann der Tempomat nicht umgehen und stellt sich weit vor der Beschilderung schon auf die neue Geschwindigkeit ein – sehr zur Freude der Hintermänner.

Irgendwo zwischen aktuellem Tempolimit, vorausschauendem neuem Tempolimit und Einstellung des Tempomaten landet dann die tatsächliche Geschwindigkeit. Sicher nicht zufällig, aber auch nicht so ganz deterministisch.

„Zwei Seelen, wohnen ach in meiner Brust.“ – Ach, möchte ich ergänzen, wenn es doch nur zwei Seelen wären. Und hatte Faust auch schon einen Audi A6?

Abonniere den Kanal "Eckhards Blog By Dr.-G." auf WhatsApp

Mittwoch, 2. Juli 2025

Jetzt mache ich es mir mal leicht

 Ein Hohelied auf die tapferen Menschen, die unermüdlich versuchen, ihre Arbeit auch gegen Widerstände zu erledigen. Sich zwischen Auftrag und zur Verfügung stehenden Mitteln aufreiben. Und auf deren Grabstein vielleicht steht, dass sie sich im Namen der Gemeinschaft zu Tode geschafft haben. Eine bewundernswerte Fraktion der Menschen, die sich aufopfert, die alles möglich zu machen versucht und sich dabei am Ende doch nur verschleißt.

Jetzt mache ich es mir mal leicht

Wie viel schlauer agieren die Menschen, die auf sich achten, die einen Job machen und wenn er nicht getan ist trotzdem entspannt in den Feierabend wechseln. Die Work und Life nicht balancieren, sondern bei sich anfangen und das was nach der Selbstbedienung übrigbleibt laut tönend als Arbeitskraft anbieten, für die sie eine angemessene Entlohnung erwarten. Wobei sie selbst definieren, was sie unter „angemessen“ verstehen.

Neulich auf dem Bahnhof wieder ein Zugausfall nach dem anderen. Grund: Kurzfristiger Personalausfall. Eine bunte Mischung aus Zutaten ist notwendig, um es hierzu kommen zu lassen. Im ersten Moment fällt einem eine zu geringe Personalausstattung ein. Dann die Moral der Personen, die zur Verfügung stehen. Mehr als früher kommt es zu Krankmeldungen, die Vermutung eines leichtfertigen Umgangs mit angeblicher Arbeitsunfähigkeit liegt nahe. Dann die Organisatoren, die dies ohne erkennbare Gegenmaßnahmen hinnehmen. Wie viel leichter ist es, die Reisenden stehen zu lassen, als den Missstand abzustellen.

Die Kombination aus Konsequenzlosigkeit und innerer Unverbindlichkeit macht dieses Ergebnis erst möglich. Bei hoher Arbeitslast fühle ich das Recht, nicht mehr ans Telefon gehen zu müssen. Wer etwas von mir will, wird noch mal anrufen. Gar nicht der Anspruch, die Arbeit gut zu machen oder Kunden ein gutes Produkt anzubieten. Kunden, Arbeit, Aufträge sind nur Faktoren, die mich in dem mir zustehenden Leben stören.

Der easy way of living hat also heute sein ganz eigenes Gesicht. Ohne es auszusprechen, läuft der Dienst nur nach Vorschrift, Schwerpunkt liegt auf einem pünktlichen Feierabend, Störungen des Wohlbefindens werden einfallsreich umgangen. Die Erkenntnis der Unterbezahlung, des undankbaren Arbeitgebers und der lästigen Kunden wird zum Mittelpunkt der Lebensplanung erhoben.

Und das macht natürlich beim Berufsleben noch nicht Schluss. Auch in der Partnerschaft steht stets die Frage nach dem eigenen Vorteil und dem Min-Max-Prinzip im Raum. Was habe ich davon, bin ich insgesamt der Nutznießer und ist es auch insgesamt nicht zu anstrengend?

Doch Oweh, leider hat auch diese Medaille zwei Seiten. Sensible Menschen merken vielleicht, dass es ihnen nur vorübergehend gut geht und sich danach eine gewisse Leere breitmacht. Die Entspannung von der Entspannung ist langweilig. Es fehlen Inhalte, Antrieb und Ziel, die „leuchtenden Augen“ für irgendeinen Menschen oder irgendeine Sache. Diese leuchtenden Augen zu entwickeln, zu pflegen und zu erhalten ist eine mühsame Aufgabe, gar nicht leicht, die sich allerdings in Form einer inneren Zufriedenheit mit Tendenz zum Glücklichsein auszahlt.

Abonniere den Kanal "Eckhards Blog By Dr.-G." auf WhatsApp

Mittwoch, 25. Juni 2025

Wo seid ihr denn alle?

Da war die Welt recht einfach. Im Dorf lebten ein paar hundert Menschen, erwachsene Männer, Frauen, aber auch Kinder und Greise. Ohne genau hinschauen zu müssen konnte man die Tätigkeiten erkennen, für die Metallarbeiten gab es den Schmied, für das Backwerk den Bäcker und für die Landwirtschaft den Bauern. Etcetera. Dazu Gesellen, Helfer, Handlanger. Da man diesen kleinen Kosmos in seinem Leben kaum verlies war die Entwicklung begrenzt, bestenfalls wurde ein besonders gutes Schulkind vom Lehrer oder dem Pfarrer gefördert. Die anderen waren als Knechte und Mägde geboren und wurden auch als solche beerdigt.

Einfache Arbeit, ein Leben lang, dazwischen die Gründung einer Ehe und das Gebären von Kindern.

Wo seid ihr denn alle

In folgenden Jahrzehnten wurde die Welt größer, Arbeit wurde nicht nur im eignen Dorf vollbracht, sondern auch in im Nachbardorf, der nächstgelegenen Stadt sogar. Die Auswahl an Tätigkeiten nahm zu, die Anzahl potentieller Partner, aber auch der Anspruch an die Qualifikation. Ein wenig Einkommen sicherte nicht nur das eigene Überleben, es konnte auch hier und da ein wenig Komfort hervorbringen.

Doch hierfür reichte es nicht mehr, eine Harke in die Hand nehmen zu können oder einen Eimer unter das Euter der Kuh zu stellen. Zunehmend wurden auch Fertigkeiten wie Lesen und Schreiben erwartet, je nach Tätigkeit auch einfache handwerkliche oder geistige Fähigkeiten.

Und so ging es weiter. Heute sind wir auf dem Niveau, dass selbst scheinbar einfache Arbeiten ein gerütteltes Maß an Intellekt und technisches Verständnis erfordern. Eine Putzkraft muss die unterschiedlichen Putzmittel verstehen und diverse Geräte bedienen können. Und das, obwohl sich die Maschinen wie auch die Chemie im Laufe der Jahre immer wieder ändern und anders zu handhaben sind. Noch stärker betroffen sind manche Sachbearbeiter, von denen erhebliches Computerverständnis erwartet wird, obwohl sie im Grund nur einfache Vorgänge bearbeiten müssen.

Wo sind sie denn, die Knechte und Mägde, die für eine einfache Tätigkeit ihr Auskommen hatten? Die aber diese Tätigkeiten auch ausführen konnten und nicht permanent überlastet waren? Was machen wir im modernen Arbeitsleben mit Personen, die nicht mit Künstlicher Intelligenz groß geworden sind?

Es gibt sie ja immer noch. Menschlich, charakterlich, geistig wie vor hundert Jahren. Aber nicht nur die Arbeitswelt hat sich geändert, auch die Ansprüche sind gewachsen. Für täglich anstrengende Arbeit auf dem Acker oder auf dem Bau wird niemand mehr mit dem finanziellen Überleben der Familie Vorlieb nehmen. Allerlei soziale Sicherungen und Unterstützungen greifen, um eine moderne Grundversorgung sicher zu stellen, die je nach Perspektive schon recht komfortabel erscheint.

Und so verzerrt sich der Markt auch an dieser Stelle vollends, wird aus sozialen Gesichtspunkten eine Leistung bereitgestellt, die nicht der angebotenen Arbeit entspricht.

Abonniere den Kanal "Eckhards Blog By Dr.-G." auf WhatsApp

Mittwoch, 18. Juni 2025

Prozesse sind auch so eine Art Schachspiel

Prozesse sind auch so eine Art Schachspiel
Da stehen die Figuren auf dem Spielfeld. Es sind Berater, Vertriebsmitarbeiter, Software-Entwickler, Business-Analysten, Fachspezialisten und noch eine ganze Reihe weiterer Rollen. Jede hat ihre Eigenschaften, kann bestimmte Bewegungen auf dem Feld machen, auf den Kunden eingehen oder bestimmte Konstellationen ermöglichen.

Ziel ist es, den König Kunde so einzukreisen, dass er gar nicht mehr anders kann, als das angebotene Produkt zu kaufen. Dabei kann sich der König aber durchaus auch bewegen und wird beraten von allerlei anderen Figuren, allen voran von der Königin. Es gilt also, die Züge der Kundenseite entweder einzuschränken oder in anderer Form darauf zu reagieren.

Rollen und Beschreibungen in den Regelwerken der Spiele haben viele Parallelen. Darf der einfache Pfleger im Krankenhaus nur eine Infusion austauschen, darf der Assistenzarzt auch die Braunüle setzen. Jedem seinen Zuständigkeitsbereich, jedem seine Verantwortung, aber auch jedem die ihm zugetraute Arbeit.

Und das hat dann natürlich Auswirkungen auf die Prozesse. Wie einfach wäre es, wenn der Pfleger den Patienten komplett mit seiner Kochsalzlösung versorgen könnte. Handwerklich wäre das denkbar, medizinisch durchaus akzeptabel. Doch um beim Schach zu bleiben darf ein Springer sich nun mal nicht bewegen wie ein Läufer, wenn diese Spielregeln abgeschafft würden, wäre Schach deutlich weniger komplex und damit als Spiel weniger attraktiv.

Aber sollen Prozesse denn im Sinne eines Spieles attraktiv oder gar spannend sein? 

Abonniere den Kanal "Eckhards Blog By Dr.-G." auf WhatsApp

Mittwoch, 11. Juni 2025

Wir müssen an unserer Fehlerkultur arbeiten

Modethema: Fehlerkultur. Der Begriff kommt erst mal ein wenig schwammig daher, ist aber massiv emotional aufgeladen. Es ist ganz wichtig, Fehler zu machen oder auch nicht zu machen, sie anzusprechen oder auch nicht, aus ihnen zu lernen oder auch nicht... Jedenfalls sind Fehler a priori nichts Schlechtes, besser sollte man sie nicht allzu deutlich thematisieren, um seine Mitmenschen nicht zu verletzen.

Wir müssen an unserer Fehlerkultur arbeiten
Lippenbekenntnisse sind das, denn wenn wirklich mal etwas so richtig schief läuft, ein Projekt gegen die Wand fährt, ein erheblicher Betrag verloren geht oder ein wichtiges Geschäft nicht zu Stande kommt - dann ist nach wie vor die Hölle los.

Aber auch in der anderen Richtung ist der zärtliche Umgang mit Fehlern selten hilfreich. Sorglos drauflos gearbeitet, schlampig gewurschtelt, Risiko eingegangen und dann schiefgegangen. Macht nichts, das kann jedem passieren und aus Fehlern lernt man und er hat es ja nicht absichtlich gemacht und so weiter...

Auch nicht viel besser. Wir ermuntern die Mitmenschen damit zu wenig sorgfältiger Arbeit, schlimmstenfalls sogar zu draufgängerischem Verhalten, bei dem man im Grunde nur gewinnen kann. Geht es gut, hat man gegenüber den Zauderern und Pedanten die Nase vorn; Fliegt es einem um die Ohren, verweist man darauf, dass es ja jedem passieren kann und man aus Fehlern lernt. Fertig, und weiter geht es.

Natürlich kann man sich Jesus Christus anschließen, dass nur der sündenfreie Mensch mit Steinen werfen darf. Aber das würde ja jede Kritik im Keim ersticken. Und es ist unbestritten, dass sich die Fehlerwahrscheinlichkeit schon deutlich beeinflussen lässt.

Gerne werden in diesem Zusammenhang kleine Kinder erwähnt, die Laufen lernen. Nach jedem Hinfallen stehen sie wieder auf, bis es mit dem Herumwackeln auf zwei Beinen immer besser und stabiler funktioniert. Allerdings lernt der kindliche Körper auch tatsächlich aus jedem Gehversuch, korrigiert unbewusst mal diese Muskelanspannung, ändert mal dort das Timing, bis es klappt. Der Körper lernt aus seinen Fehlern, er wiederholt nicht immer dasselbe Setting.

Aber wir können etwas anderes von den Kindern lernen: Draufgänger können nicht früher laufen, sie fallen bloß heftiger auf die Nase. In der Praxis sind es die intelligenten und möglichst auch sensiblen Kinder, nicht zu ängstlich, die als erste auf eigenen Füßen stehen. Und genau so sollten wir auch als Erwachsene durch das Leben gehen.

Fehler sind für eine Entwicklung mehr oder weniger unausweichlich. Aber man muss sie wie Risiken behandeln und entsprechend managen. Ein ungebremstes Drauflos-Arbeiten ist jedenfalls nicht der richtige Ansatz. Und ein Schulterzucken mit dem Hinweis auf "no risk, no fun" reicht im unternehmerischen Kontext sicher auch nicht.

Es gilt eine Balance zwischen Mut und Wagemut, zwischen gezieltem Experiment und Herumprobieren zu finden.

Abonniere den Kanal Eckhards Blog By Dr.-G auf WhatsApp

Mittwoch, 4. Juni 2025

Wenn du es glaubst... ist es zu spät

Gerade wehren wir uns wieder gegen eine massive Preissteigerung, die uns ein amerikanischer Lieferant aufzudrücken versucht. Das Schema ist dabei immer gleich. Nach Jahren einer gewissen Stabilität und damit einem Vorgang, den ich als "Einnisten" bezeichnen möchte, kommt ein Angebot für eine neue Produktzusammenstellung, die unter Wegfall der alten und notwendigen Produkte nun völlig unnötige Komponenten enthält, dabei aber auch um ein Vielfaches teurer ist.

Wenn du es glaubst, ist es zu spät
Grundsätzlich kein schöner, aber ein etablierter und möglicher Ansatz, mit seinen Kunden umzugehen. Nach reiflicher Überlegung wird dann geprüft, ob man die Leistung auch auf anderem Weg oder von einem anderen Anbieter bekommen kann. Ist die neue Situation zwar ärgerlich, aber insgesamt noch erträglich, dann diskutiert man noch ein wenig, versucht das Beste daraus zu machen und zahlt die erhöhte Gebühr.

Aber es gibt natürlich eine Schmerzgrenze. Sei es, dass man den Preis nicht bezahlen kann oder will, sei es, dass man mit dem Geschäftsgebaren als solchem hadert. Oder schon vorher einen gewissen Wechselwillen hatte. Unabhängig von der Begründung laufen die Verhandlungen dann ganz anders. Ohne Hehl wird auf das absehbare Ende der Geschäftsbeziehung hingewiesen. Wird dargestellt, dass nur ein komplettes Einlenken eventuell noch retten kann, was zu retten ist.

Nun ist das aber für die Gegenseite nicht unbedingt zuverlässig bewertbar. Wird hier gepokert, ein wenig Gegendruck aufgebaut oder ist vielleicht doch ein gewisses Maß an Ernsthaftigkeit und Wechselwillen vorhanden? Je nach Mentalität wird dann dagegengehalten, die Wichtigkeit des Geschäftes abgeschätzt und ebenfalls geblöfft und gepokert, was das Zeug hält. Doch was soll ich sagen: Wer schon innerlich gekündigt, den Markt gesichtet und eine Entscheidung getroffen hat, der ist als Kunde verloren.

Und wenn die Anbieter dies endlich realisieren und noch mit einem Friedensangebot kommen, ist es zu spät.

Ich weiß, das ist die Natur von Poker. Und dieses Spiel wird nicht nur im Spielcasino gespielt. Nur darf man sich nicht wundern, wenn man hier wie da verliert, weil man eben doch nicht das Blatt hat, das zum Gewinnen reicht.

Obendrein stellt sich für mich immer mal wieder die Frage, ob Pokern wirklich der richtige Ansatz ist, wenn man über (Geschäfts-) Beziehungen spricht. Denn selbst wenn es gut läuft und man vorübergehend gewinnt, bleibt am Ende ein bitterer Nachgeschmack, der sich auch in die Zukunft auswirkt und das vielbeschworene Vertrauensverhältnis mehr oder weniger nachhaltig beschädigt.

Mittwoch, 28. Mai 2025

Endlich gibt es Citizen Development

Geradezu altmodisch wirken Einrichtungen wie Betriebliches Vorschlagswesen, Ideenbörsen, Innovationsworkshops und Kreativitätskampagnen. Selbst wenn diese Ansätze grundsätzlich gut funktionieren, haben sie doch alle einen verbindenden Nachteil. Man steht nach Abschluss der Generierung vor einem Berg von potentiellen Verbesserungen, die weiterbearbeitet, in die Praxis überführt und dort integriert werden müssen. Nicht alleine die Fragen nach dem Business Impact, dem Aufwand und natürlich dem Return of Investment müssen beantwortet werden. Schon die Suche nach einem kompetenten Ansprechpartner kann sich ziemlich schwierig gestalten.

Und als ob das nicht mühsam genug wäre, verlangt der Impulsgeber, Einreicher, Kreativkopf dann auch noch eine Belohnung, eine Prämie, vielleicht sogar eine Beteiligung am Gewinn oder der realisierten Einsparung.

Endlich gibt es Citizen Development

Doch auch die Empfängerseite ist natürlich einfallsreich. Weg mit diesen verstaubten Prozessen, Gutachten, Gremien und gegebenenfalls Gratifikationen. Wer Optimierungen erkennt, der bekommt Hammer und Nägel ausgeliehen und kann selbst zum Zimmermann werden; ob er das nun kann oder nicht. Es macht doch schließlich Spaß, sich mit IT zu beschäftigen, mit sogenannten No-Code-Low-Code-Anwendungen seinen Bedarf selbst abzubilden. Und nachher das gute Gefühl, sein Arbeitsumfeld verbessert zu haben, im Idealfall sein Werk präsentieren oder Kollegen zur weiteren Benutzung bereitzustellen.

Nur mit der Prämie, naja, da wollen wir mal nicht so genau drüber reden. Und die erforderliche Beschäftigung mit tätigkeitsfremden Technologien und die Lösung der nahezu zwangsläufig auftretenden kleinen und großen Probleme sollte idealerweise neben der Hauptberufung, besser noch in der Freizeit, stattfinden. Zudem lehrt die Praxis, dass der schnell in der MS Power Platform zusammengeklickte Workflow im Laufe der Zeit dann eben doch einen spezialisierten IT-Fachmann erfordert. Von Dokumentation, Wissenstransfer und Revisionssicherheit mal ganz zu schweigen.

So entpuppt sich dieses moderne Instrument als Mogelpackung. Nicht alleine das Versprechen der einfachen und intuitiven Bedienung ist bis auf sehr simple Fälle eine glatte Lüge. Auch beim Ernten der Früchte ist die Bilanz für die Aktiven absolut unbefriedigend. Und im Sinne von Nachhaltigkeit, Professionalität, Standardisierung, Wissensmonopolen muss man insgesamt betrachtet eher ein rotes Label an die Produkte hängen.

Als Trost lässt sich nur festhalten, dass sicher in ein paar Jahren ein findiges Beratungshaus ein spezielles Angebot für die Migration solcher Entwicklungen in reguläre Applikationen macht oder die interne IT-Abteilung mit dem Aufräumen des Kinderzimmers beauftragt wird.

Mittwoch, 21. Mai 2025

DNA und Kernkompetenz

Vorwerk, so habe ich mir erzählen lassen, ist als Hersteller von Teppichen und Teppichböden gestartet. Im Laufe der Unternehmensgeschichte wurde dann die Sparte Staubsauger gegründet und heute beruht ein merklicher Teil der Umsätze auf einer heizenden Küchenmaschine. Was haben diese Produkte aus Kundensicht miteinander zu tun, fragt man sich. Kann man von der Auslegeware vielleicht noch auf deren Pflege kommen und so das Portfolio ergänzen, fällt der gedankliche Wechsel in die Küche schön deutlich schwerer.

Und doch ist es ein Unternehmen, werden die Produkte aus demselben Haus verkauft und müssen also eine gewisse Verbindung haben. Wer jemals einen Kobold (klassischer Bodenstaubsauger) gewartet hat, der bekommt leuchtende Augen. Einheitliche Schrauben, erreichbare Klemmen, leicht verständliche Grundtechnik mit wenigen Handgriffen aus- und umtauschbar. Schon von der Konstruktion her ein Produkt, das einen ein Leben lang begleiten kann, auch wenn es zwischendurch mal einen ernsten Defekt hat. In der Funktionalität simpel und für die Kunden spontan überzeugend, was ursprünglich zu den berühmten Vorwerk-Vertretern geführt hat.

DNA und Kernkompetenz

Nun also ein Thermomix. In der aktuellen Generation auch wieder herausstechend zwischen Konkurrenzprodukten, für die Kunden überzeugend, macht er sowohl in der Bedienung als auch in den Ergebnissen einer weltweiten Community viel Spaß. Mit Rezeptclubs, Apps und Kochpartys kommt auch ein Hauch von Tupper-Feeling hinein.

Fast bin ich neugierig, welcher Coup diesem Unternehmen als nächstes gelingt. Offensichtlich hat es ein paar Grundqualitäten, die es über die Zeit und auch über die verschiedenen Produkt- und Zielgruppen hinweg beibehält. Fast wie die DNA eines lebendigen Organismus scheint es Abwandlungen zu geben, ohne dass es deshalb zu einer ganz neuen Spezies kommt. Diese DNA geht weit über den oft benutzten Begriff der Kernkompetenz hinaus.

Verständnis für Stoffe, technisches Knowhow beim Weben von Fasern, Produktionsstraßen für Teppichbahnen und Vermarktungskanäle. Das war der Ausgangspunkt für die Entwicklung. Für einen Thermomix brauche ich nichts davon, und das, was vielleicht wiederverwendbar wäre (die Vermarktungskanäle), hat sich über die Zeit massiv verändert. Ist es die Praxistauglichkeit, die Kundenorientierung, die Langlebigkeit oder die fast schon eingebaute Weiterempfehlung der Kunden durch Mundpropaganda? Irgendwas jenseits der Kernkompetenz - die auch von Mitbewerbern am Markt angeboten wird - macht Vorwerk einzigartig. Wie eine DNA eben.

Nun finde ich dieses Beispiel deshalb bemerkenswert, weil es sehr schön die Entkopplung von Unternehmen und Produkten zeigt. Neben einer evolutionären Weiterentwicklung seiner Produkte kommen auch revolutionäre Antritte in Frage, aber eine stabile Erfolgsstory bleibt es nur, wenn man sich der inneren Werte bewusst ist und diese fortführt. Schätzen Kunden etwa den konservativ-vertrauenswürdigen Auftritt, dann hänge ich sie mit einem hippen Ansatz und coolen Werbebotschaftern ab - umgekehrt natürlich auch.

Wie in jeder Beziehung: Wer bin ich, was kann ich (Kompetenz) und raus auf den Markt, flirten was das Zeug hält. Eine längerfristige Verbindung wird es aber nur, wenn die inneren Werte (DNA) zusammenpassen und die hieraus abgeleiteten Erwartungen auch erfüllt werden können.

Mittwoch, 14. Mai 2025

Das Fermatsche Prinzip

Das Fermatsche Prinzip
Eingängig formuliert besagt das Fermatsche Prinzip, dass Licht nicht den kürzesten, sondern den schnellsten Weg wählt. Das hat Auswirkung auf Phänomene wie Lichtbrechung und auch Glaslinsen würden nicht funktionieren, wenn es dieses Prinzip nicht gäbe. Doch auch im Alltag holt es uns immer wieder ein. Ziemlich naheliegend kennen wir es vom Navigationsgerät, das im Standardfall die schnellste Route vorschlägt und nicht den kürzesten Weg wählt.

Ebenfalls noch recht offensichtlich erfahren wir das Prinzip beim Fahren auf schneeglatter Fahrbahn. Das Überholen unseres langsam fahrenden Vordermanns will wohl überlegt sein, denn möglicherweise müssen wir auf der freien, aber schneebedeckten Überholspur langsamer fahren als das Fahrzeug vor uns. Analog auch beim Fußweg über asphaltierte Bahn versus matschiger Seitenstreifen.

Doch auch Prozesse kennen dieses Phänomen. Nimmt man den kürzesten Weg, ist eventuell eine Prüfstelle eingeschaltet, die für Verzögerungen sorgt. Oder es fehlt die Fürsprache von einem Unbeteiligten, der für eine ansonsten mühsam anzufordernde Freigabe sorgt. Ähnlich zu einer Umgehungsroute der Autobahn kann man eine Staustelle umgehen. Sind die Berater für Bestandskunden überlastet, ist in manchen Fällen ein Vertriebsmitarbeiter für Neukunden hilfreich.

Viele Wege führen, wie man so sagt, ans Ziel. Und bei der Auswahl sollte man nicht nur den naheliegendsten (weil "normalen") Weg in Betracht ziehen, sondern auch mögliche Umwege, die aber im Endeffekt schneller ans Ziel führen.

[Weitere Blogs: Dienstliche GlossenFeingeistiges]   

Mittwoch, 7. Mai 2025

Es geht nichts über klingeln

Ein Arbeitskollege von mir ist ein fleißiger Geselle, der so manches Problem gelöst bekommt. Das nicht nur in geradezu aufopferndem Einsatz, sondern auch durch unermüdliches Herumprobieren und Erforschen aller Möglichkeiten.

Etwas weniger positiv formuliert könnte man natürlich auch sagen er durchblickt das System nur teilweise und fummelt mehr oder weniger unstrukturiert daran herum. Dabei bindet er diverse andere Kollegen ein, die mal dies, mal das anpassen und in nicht wenigen Fällen dann auch wieder rückgängig machen müssen.

Wie auch immer man diese Eigenschaften in Worte fasst, jedenfalls ist er am Ende seiner Machenschaften der strahlende Held, der die Situation gerettet und das System wieder ans Laufen bekommen hat.

Es geht nichts über klingeln
Ziemlich langweilig dagegen ein anderer Mitstreiter. Ihm vorgelegte Probleme werden in aller Ruhe analysiert, es kann sein, dass er selbst in größter Not einige Zeit nicht ans Telefon geht. Aber dann hat er eine Annahme über die Ursache, spricht gezielt den richtigen Fachmann an, löst das Problem und das war’s. Keine hektischen Änderungen an diversen Stellen, keine Emergency-Backups, ruhiger Schritt, geräuschlos.

Aber wer bekommt am Ende des Jahres den Orden für die größten Erfolge, für die wichtigsten Reparaturen, die spektakulärsten Aktionen? Leider eben nicht der Genosse, der die Problem behebt bevor man sie bemerkt, sondern der, der mit viel Wirbel über Wochen hinweg über seine engagierten, aber nun mal erfolglosen Rettungsversuche berichtet.

Tue Gutes und berichte darüber ist das mindeste, was man den stillen Zeitgenossen raten kann. Für sehr nüchterne Typen ist auch das Führen einer Erfolgsliste ein Option oder auch mal die Situation behutsam abwarten, damit man seine Leistung nicht allzu voreilig verschwendet.

[Weitere Blogs: Dienstliche GlossenFeingeistiges]  

Mittwoch, 30. April 2025

Was habe ich eigentlich davon?

Was habe ich eigentlich davon?
Bei vielen Arbeiten, angefangen beim Lernen, handwerklichen Tätigkeiten, körperlicher Anstrengung oder langweiligen Aufgaben höre ich oft die Frage nach dem eigenen Vorteil. "Was habe ich davon?", heißt es dann und ich muss eine Begründung abliefern, um die gewünschte Aktion erledigt zu bekommen. Oft und recht einfach lässt sich die Frage mit dem Hinweis auf Vergütung beantworten, es kann auch ein Schritt auf der Karriereleiter sein oder die Erreichung eines erwünschten Ziels, zum Beispiel körperlicher Fitness.

In diesen mehr oder weniger offen angesprochenen Szenarien steht also bewusst die Motivation im Mittelpunkt, wird wahrgenommen und thematisiert. Ob etwas ausgeführt oder weitergemacht wird, ist von guten Argumenten abhängig. Wenn das Gegenüber keinen Sinn erkennen kann oder will, wird es schwierig.

Wieviel leichter und besser läuft es, wenn ein Mensch innerlich motiviert ist. Er möchte intrinsisch motiviert sein Ding machen, etwas entstehen lassen oder weiterbetreiben. Eine enorme Energie, Schaffenskraft und Einsatzbereitschaft steckt in jedem einzelnen Schritt. Da muss nichts mühsam begründet, erbeten, angeregt oder unter Druck gefordert werden. Es flutscht einfach von alleine.

Doch auch diese Seite hat ihre Nachteile. Denn diese von innen kommenden Ziele sind manchmal gar nicht so wünschenswert. Da wird gekämpft, um der Partnerin zu zeigen, wer letztlich am längeren Hebel sitzt. Dem treulosen Freund mal so richtig ein Bein gestellt. Oder ein Gerichtsverfahren angestrengt, um jemand einen Denkzettel zu verpassen. Das kann sich im Einzelfall bis zur sorgsam geplanten Straftat auswachsen.

Und in diesen Fällen - Überraschung - fragt kaum jemand nach dem Sinn und dem eigenen Vorteil. Ist es denn ein erstrebenswertes Ziel, seine Macht zu demonstrieren, ist es über eine kurzzeitige Genugtuung hinaus wertvoll, einen Mitmenschen zu demütigen? Und selbst wenn es das ist, wieviel Aufwand stecke ich selbst hinein, welche Langzeiteffekte sind absehbar, wen will ich eigentlich mit meinen Aktivitäten treffen?

Hier und da steckt die Ursache nämlich in einem selbst, ein Vorwurf, den man sich heimlich macht und den man auf einen Mitmenschen projiziert. Oder der sinnlose Versuch etwas nachzuholen, was durch Ereignisse wie Trennung oder Tod nicht mehr nachzuholen ist.

Hier auf die Meta-Ebene zu wechseln, sich selbst zu beobachten und viel mehr als seinen Mitmenschen die Frage nach Ziel und Sinn zu stellen hilft Energie sparen, gute Laune zurückzubekommen und manchmal sich selbst und die äußeren Umstände nicht übertrieben ernst zu nehmen.

[Weitere Blogs: Dienstliche GlossenFeingeistiges]