Mein Versuch, den weiteren Fahrtverlauf zu planen scheitert, vorausschauender Fahrstil ist nur sehr eingeschränkt möglich.
Als ich als junger Fahrer anderen Verkehrsteilnehmern davon erzählt habe, konnten sie mein Problem nicht nachvollziehen. „Dann ist halt ein Laster vor dir, das ist doch nicht schlimm, irgendwann biegt er ab oder du kannst ihn überholen.“ Sicherlich richtig, aber die eingeschränkte Sicht sorgte bei mir für Nervosität. Mehr noch, ich konnte gar nicht verstehen, dass andere Fahrzeugführer damit keinen Stress haben. Es dauerte eine Weile, bis ich die Ursache erkannte: Wer von vornherein weniger Wert auf Voraussicht legt, den wird der Laster vor ihm kaum stören. Es ist nicht nur eine Frage der Grundeinstellung und vielleicht einer entspannteren Herangehensweise, es ist vielmehr eine Frage des eigenen Anspruchs.
Das zieht sich durch: Es gibt Dinge, die uns wichtig sind und andere Sachen, die für uns bestenfalls eine untergeordnete Rolle spielen. Bemerkenswert sind dabei zwei Aspekte. Erstens hat jeder eine individuelle Werteskala und es ist ein leider häufiger Trugschluss, dass das Umfeld eine auch nur ähnliche Werteskala hat. Zweitens bin ich bei mir persönlich wichtigen Dingen auch anderen Menschen gegenüber aufmerksam; was mir eher egal ist, wird von mir auch bei meinen Mitmenschen nicht wertgeschätzt.
Beide Punkte haben erhebliche Auswirkung auf mein Handeln. Es ist wichtig zu verstehen, dass mein Nachbar ganz anderes als ich wichtig findet. Geselligkeit oder Hausordnung? Und ebenso muss ich mir im Klaren sein, dass meine Aufmerksamkeit für Leistungen von Arbeitskollegen, die ich vielleicht anders oder gar nicht erbringen würde, recht eingeschränkt ist. Als Beispiele nenne ich „Bemuttern“ des Teams oder die Erledigung von Kollektivaufgaben.
Im zwischenmenschlichen Umgang ist dieses Verständnis jedenfalls von zentraler Bedeutung, auch wenn der Laster vielleicht in wenigen Kilometern abbiegt, sprich sich das Problem von alleine löst.
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