Kein Kapitän auf einem ernst zu nehmenden Schiff kennt jede
Schraube, er weiß meist nicht einmal, wie man den Schiffsdiesel optimal startet
oder wie die Tampen korrekt aufgeschossen werden. Das ist auch nicht nötig, er
plant den Kurs, legt mit den Offizieren die Etappen fest und delegiert die
Detailarbeit an die jeweiligen Spezialisten.
Vom Marktumfeld und sonstigen Randbedingungen wie Arbeitsmarkt, Energiebeschaffung oder Rohstoffen sind alle Branchen mehr oder weniger betroffen. Insofern könnte man hier eine Analogie zur Seefahrt sehen. Doch leitende Angestellte oder Vorstände haben zusätzlich die Eigenschaft, dass sie gewohnt sind, dass ihre Forderungen umgesetzt werden. Was sie wollen wird irgendwie möglich gemacht, zum Teil unter erheblichen Mühen.
Stellen wir uns vor, ein Mensch mit dieser uneingeschränkten Umsetzungserwartung würde Holz bearbeiten. Einen Werkstoff, der sich durch seine manchmal recht widerspenstigen Fasern, seine enthaltenen Wirbel und Maserungen alles andere als homogen verhält. Was mit dem einen Stück geht, ist bei dem nächsten Abschnitt unmöglich. Und auch die grundsätzlichen Eigenschaften lassen sich nicht überlisten. Ich kann wollen, dass Holz weder quillt noch schwindet, aber in der Praxis wird es abhängig von der Feuchtigkeit seine Abmessungen ändern.
Da endet jede Befehlsgewalt, auch Hierarchie ignoriert ein aufgeschnittener Baumstamm geflissentlich. Vielmehr heißt es mit den Gegebenheiten Frieden zu finden, mal von vorne, mal von hinten zu hobeln, Längenveränderungen zu ermöglichen ohne dass sie sich auswirken. Das erfordert eine Mischung aus Erfahrung, Fingerspitzengefühl und Ausprobieren. Mit anderen Worten geht es wieder mal um die Handhabung eines komplexen Systems. Ob nun hohe See, Holz oder Unternehmen.
[Andere Blogs: Dienstliche Glossen, Feingeistiges]
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen