„Ich bin immer so unsicher, ich habe gar kein
Selbstvertrauen.“ – Diesen Satz höre ich immer mal wieder, ein wenig
mitleidheischend, aber meist als Aufforderung, das mangelnde Selbstbewusstsein
zu stärken. Sei es durch Lob, gutes Zureden oder Negieren.
Dabei ist das in jedem Fall ein Irrweg. Der Name drückt ja
schon aus, dass es bei Selbstvertrauen um Vertrauen geht, das man sich selbst
gibt. Wie soll ich denn von außen etwas beeinflussen, was nur von innen
bereitgestellt wird. Natürlich kann ich meine wohlwollende Beobachtung
vorstellen, die Qualität einer Handlung oder einer Fähigkeit thematisieren.
Aber das führt nur sehr bedingt zu einer Veränderung des Selbstvertrauens.
Ansetzen muss man hier nämlich über die innere Bewertung
seiner selbst. Vertrauen heißt grundsätzlich, dass etwas in der Vergangenheit
gut gegangen ist und man davon ausgeht, dass es auch in Zukunft wieder gut
wird. Also eine Projektion vergangener Perioden auf die Situationen, die vor
einem liegen.
Ich habe mal im Supermarkt meine Geldbörse im Einkaufswagen gelassen, während ich an der Tiefkühltheke irgendwas gesucht habe. Als ich zum Wagen zurückkam, war das Portemonnaie noch da, kein Mensch hatte es entwendet. Auch beim nächsten und übernächsten Mal passierte nichts, mein Geld blieb unberührt. Nach einiger Zeit bildete ich mir ein, dass das nun immer so bleiben müsste, weil die Menschheit ehrlich ist. Mit der Zeit hatte ich ein unspezifisches Vertrauen aufgebaut.
Nun gibt es einerseits die Möglichkeit, dass man dieses
Vertrauen immer weiter in sich verankert, nach einiger Zeit auch gar nicht mehr
darüber nachdenkt und es überhaupt nicht gefährlich findet, seine Börse
unbeaufsichtigt im Einkaufswagen zu lassen. Vielleicht denkt man auch darüber
nach, dass dieses Verhalten zu dieser Zeit und in diesem Supermarkt unkritisch
ist. Oder man stuft es entgegen der bislang gemachten Erfahrungen als kritisch
ein und nimmt das Geld wieder in einen sicheren Ort auf.
Zurück zum Selbst-Vertrauen. Mit ähnlichem Blick kann ich durch die Welt gehen. Sie tut mir nichts, das Feedback ist weitgehend positiv und mit der Zeit gehe ich in meiner Einschätzung davon aus, dass das der Normalfall ist. Ich werde vielleicht sogar ein wenig mutiger und lote aus, wie mein Umfeld auf dies oder das reagiert. Und schon in diesem Moment stelle ich mein in mich selbst gesetztes Vertrauen auf den Prüfstand. Ob ich mich wie bei den fortwährenden Ehrlichkeits-Erlebnissen im Supermarkt einlullen lasse oder trotz durchweg positiver Erfahrung skeptisch bleibe – das ist jedenfalls eine Bewertung, die in mir und nur in mir und nur durch mich vorgenommen wird.
Wie ausgeprägt mein Selbstvertrauen ist, hängt also nur zu einem Bruchteil von den Aussagen meiner Freunde ab. Einzuklagen, sie mögen doch bitte meine Zweifel oder mein unterentwickeltes Selbstbewusstsein heilen ist damit abwegig. Das muss ich schon selbst machen, wenn ich Defizite feststelle.
[Andere Blogs: Dienstliche Glossen, Feingeistiges]
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen