Mittwoch, 15. Januar 2025

Leberwurst für Vegetarier

Leberwurst für Vegetarier
Nach langen Versuchsreihen, endlosen Küchensessions und zahlreichen Tests ist es mir gelungen, eine ganz besondere Leberwurst zu kreieren. Sie hat ein kräftiges Aroma ohne aufdringlich zu sein, eine ganz feine Süße und zergeht wie eine Creme auf der Zunge. Ein Traum für alle Kunden, die Spaß an dieser besonderen Wurstware haben.

Aber das sind natürlich nicht alle. Vegetariern kann ich damit keine Freude machen. Dabei ist das Produkt zweifellos hochwertig zubereitet, enthält die besten Zutaten und ist in seiner Rezeptur schlichtweg einzigartig. Die Qualität ist es also nicht, die Vegetarier einen weiten Bogen um diese Köstlichkeit machen lässt.

Mit einem Feinkoststand vor der Fleischtheke im Supermarkt bin ich mit dem Angebot gut aufgestellt, die Schlange der Probierlustigen ist lang. Nehme ich meinen Stand und baue ihn vor dem Veganer-Markt auf, werden mich die Kunden bestenfalls abwertend anschauen, manche sogar mein Angebot kritisieren: Wie kann man nur fleischhaltige Lebensmittel herstellen und in aller Öffentlichkeit verkaufen?

Was für Leberwurst gilt, gilt auch für meine äußere Erscheinung und mein Auftreten als Mensch. Als zierliche Person schauen sich vielleicht Ballettliebhaber nach mir um, im Bodybuilding-Bereich des Fitnessstudios kann ich nicht punkten. Mit einer Draufgänger-Mentalität errege ich Aufmerksamkeit bei den handfesten Mitmenschen, filigrane Typen schrecke ich eher ab.

Was ich damit sagen will: Es ist durchaus sinnvoll und wünschenswert, ein Produkt zu optimieren. Das kann das Rezept für die Leberwurst genauso sein wie die äußere Erscheinung wie die persönliche Mentalität. Aber ab diesem Punkt ist es eine Frage der Gegenseite, des Marktes, wie die Resonanz ausfällt. Die Ablehnung der Leberwurst vor dem Veganer-Markt ist keine Frage der Qualität, sondern der Gesinnung. Und ob mich eine andere Person attraktiv findet, ist nicht nur eine Frage meines Aussehens, sondern auch der Vorlieben meines Gegenübers.

Insgesamt ergeben sich damit drei Stellschrauben, um Marketing zu betreiben. Das ist die Qualität, das ist die empathische Auswahl der Kundengruppe (und deren Ansprache) und schließlich das Erwartungsmanagement (beider Seiten). Nur wenn alle drei Zutaten stimmen, wird es für alle Beteiligten ein Genuss – so wie meine Kreation für Liebhaber der feinen Wurstküche.

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