Vor kurzem ist mal wieder ein TÜV-Report veröffentlicht worden. Die großen Marken lagen wie gewohnt auf den vorderen Plätzen, Premium-Modelle dominierten die Rangliste. Und weit abgeschlagen die kleinen Fahrzeuge, vorwiegend aus ausländischer Produktion. Natürlich, schießt einem da durch den Kopf, es geht eben nichts über deutsche Ingenieurskunst, das seit vielen Generationen verankerte Wissen und die hieraus abgeleitete Qualität. Im Grunde bestätigt die Statistik die Einstellung, die man schon vorher hatte.
Doch so einfach wie die Medien es suggerieren ist es nicht. Bei genauerer Betrachtung spielen neben der Produktionsqualität noch eine Reihe anderer Faktoren eine Rolle. Wer sich einen gebrauchten Kleinwagen eines unbekannten Herstellers kauft, der hat tendenziell kein Geld für regelmäßige Wartung. Der fährt bei der Hauptuntersuchung vor und hofft, dass er ungeschoren davonkommt. Eine Erneuerung der Reifen oder ein notwendiger Austausch des Scheinwerfers wurde aufgeschoben und führt nun zur Verweigerung der Plakette.
In die Statistik fließen also indirekt auch Kundenprofile ein. Die Interpretation der auf den ersten Blick plausiblen Zahlen ist also gar nicht so einfach. Wobei der TÜV-Report nur ein Beispiel dafür ist, dass man genau hinschauen muss. Das gilt ebenso für alle anderen Zahlenwerke, denn Statistik hat von Natur aus zwei typische Eigenschaften. Beruhen die Erkenntnisse auf wenigen Zahlen, dann stellt man sich die Frage, wie repräsentativ die Auswahl ist. Und daneben spielt auch die Einbettung, also der Kontext, eine Rolle. Dann drittens muss man sich mit Definitionen beschäftigen. Was versteht man denn im TÜV-Report unter "durchgefallen"? Sind es die völlig maroden Querlenker oder ist es der vorausschauend notwendige Ersatz einer Dichtungsmanschette?
Im Polizeibericht des Frankfurter Bahnhofsviertels wird eine hohe Kriminalität kolportiert. Muss man dort um Leib und Leben fürchten oder sind es die zahlreichen Drogendelikte, die die Zahlen in die Höhe treiben? Und in diesem Zusammenhang auch die Frage, ob man die Messungen miteinander vergleichen kann. In Wiesbaden gibt es überdurchschnittlich viele Ordnungswidrigkeiten im Bereich des ruhenden Verkehrs. Das liegt aber weniger an dem Gemüt der Autofahrer, die in dieser Stadt besonders wild parken. Sondern daran, dass reguläres Parken erschwert und die Kontrollen verschärft sind.
Und am Ende die Vergleichswerte. Ist fünfundneunzig Prozent eine gute Trefferquote? Sind zwei Promille Fehlentscheidungen einer KI gut oder schlecht? Wie steht der Wert vom Frankfurter Bahnhofsviertel im Vergleich zu Downtown Manhattan?
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